taz.de -- Leistungsschutzrecht für Verlage: Google trickst sie alle aus
Verlage müssen bis August bestätigen, dass Google News ihre Inhalte weiter kostenfrei verwenden kann. Wer das ablehnt, taucht dann nicht mehr auf.
BERLIN dpa | Nach der Einführung des Leistungsschutzrechtes für Presseverlage in Deutschland lässt Google sich die weitere unentgeltliche Verwendung von Verlagsinhalten bei Google News bestätigen. Mit dem neu eingeführten Bestätigungssystem biete Google den deutschen Verlagen eine weitere Möglichkeit, mitzuteilen, „ob ihre Inhalte (weiterhin) bei Google News angezeigt werden sollen“, erklärte Google-Manager Gerrit Rabenstein in einem [1][Blogpost] am Freitag.
„Damit bewahren wir Google News als offene Plattform, gleichzeitig schaffen wir Rechtssicherheit für Blogger, Journalisten und Verlage angesichts der veränderten Gesetzeslage“, sagte Google-Sprecher Kay Oberbeck.
Verlage, die die Bestätigungserklärung bewusst ablehnen oder auch nur die Umfrage von Google ignorieren, tauchen dann vom 1. August 2013 nicht länger mit ihren Inhalten auf Google News auf. Die Verlagsinhalte werden allerdings weiterhin in der allgemeinen Google-Suche angezeigt, solange die Verlage dies nicht mit anderen technischen Maßnahmen unterbunden haben. So können Inhaber von Websites über technische Anweisungen in der Datei robots.txt oder in sogenannten Metatags festlegen, ob ein Softwareroboter von Google oder einer anderen Suchmaschine die Inhalte erfassen darf oder nicht.
Das Leistungsschutzrecht (LSR) erlaubt Verlagen, von anderen Unternehmen für die Verwendung von Verlagstexten im Internet eine Lizenz zu verlangen. Dabei geht es vor allem um Suchmaschinen und automatisierte Nachrichtensammlungen, die Verlagstexte verwenden. Allerdings bleiben einzelne Wörter oder kleinste Textabschnitte weiterhin lizenzfrei. Die schwarz-gelbe Koalition hatte das Leistungsschutzrecht am 1. März im Bundestag verabschiedet. Das Gesetz tritt am 1. August 2013 in Kraft.
ÜBer 50.000 Verlagsangebote werden ausgewertet
Weltweit wertet Google für sein News-Angebot rund 50.000 Verlagsangebote und Blogs aus, darunter mehrere hundert Sites aus Deutschland. Auf Google News werden von ausgewählten Artikeln in einem „Snippet“ die Überschrift, ein bis zu 250 Zeichen langer Textanriss und kleine Fotos dargestellt.
Sie alle sind mit der jeweiligen Ursprungswebsite verlinkt. Im Leistungsschutzrecht ist von „einzelnen Wörtern oder kleinsten Textausschnitten“ die Rede, die weiterhin frei genutzt werden können. Die schwarz-gelbe Regierungskoalition hatte in dem Gesetzgebungsverfahren bewusst auf eine exakte Definition des frei verfügbaren Zitat-Umfangs in Zahlen verzichtet.
Google-Manager Rabenstein betonte, die digitale Zukunft stelle viele Wirtschaftszweige vor neue Herausforderungen und Möglichkeiten. „Die Nachrichtenbranche zählt dazu.“ Google habe während der Diskussionen über das Leistungsschutzrecht stets klargemacht, dass der Konzern weiter mit Verlagen gemeinsam an Lösungen arbeiten wolle.
„Wir sind davon überzeugt, dass wir Verlage am besten unterstützen, indem wir Millionen von Lesern auf ihre Seiten weiterleiten, indem wir ihre Inhalte im Netz sichtbarer und leichter auffindbar machen und indem wir den Verlagen über unsere Werbetools und Dienste helfen, Geld mit ihren Inhalten zu verdienen.“
21 Jun 2013
LINKS
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Der Newsaggregator Rivva schaltet wegen des LSR Zeitungen aus dem eigenen Angebot ab. Das dürfte den Verlagen nicht unbedingt gefallen.
Am 1. August tritt das LSR in Kraft. Ausgerechnet die Vorkämpfer vom Axel-Springer-Verlag wollen die Regelung fürs Erste nicht in Anspruch nehmen.
Einst brachte Altavista die Web-Suche mit auf den Weg. Doch die Konkurrenz war einfach besser. Am Montag wird die Suchmaschine abgeschaltet.
Die „Huffington Post“ steht in der Kritik, weil sie ihre Autoren nicht bezahlt. Nun bekommt die Nachrichtenplattform auch in Deutschland einen Ableger.
Politische Prozesse spielen sich zunehmend auf Facebook ab, sagt Beckedahl. Das ist nicht unproblematisch. Und einen Netz-Minister solle es auch geben.
Zwei wichtige Gesetze sind gegen den Willen der netzaffinen Bürgerrechtsbewegung verabschiedet worden. Die fragt sich nun: Haben wir versagt?
Der Bundesrat hat das Leistungsschutzrecht abgesegnet. Ausschlaggebend für die Entscheidung war die Uneinigkeit der SPD-geführten Bundesländer.
Die E-Petition des Piraten Bruno Kramm hat das Ziel von 50.000 Mitzeichnern deutlich verfehlt. War das absehbar? Und: Ist das überhaupt schlimm?