taz.de -- Kommentar Hungerstreik: Bis einer stirbt!

Seit Dienstag weigern die Asylsuchenden in der Münchner Innenstadt sich zu trinken. Es ist höchste Zeit, dass die Politik die verzweifelte Lage der Asylsuchenden anerkennt.
Bild: Die Hungerstreikenden in München

Seit vergangenem Samstag befinden sich die Asylsuchenden in der [1][Münchner Innenstadt im Hungerstreik]. Seit Dienstag weigern sie sich zu trinken. Drei Tage harren die Männer und Frauen aus Afghanistan, Äthiopien, Pakistan, Somalia und anderswo ohne Nahrung und Wasser aus. Ohne Flüssigkeit überlebt ein Mensch normalerweise nur sehr kurze Zeit.

Die über fünfzig Asylsuchenden, die in München das Protestcamp aufgeschlagen haben, nehmen das Risiko zu verdursten in Kauf. Anders als bei ähnlichen Protesten in Würzburg oder Berlin wollen sie sich nicht von leeren Versprechungen der Politik zum Aufgeben bewegen lassen.

Sie wollen den Streik fortsetzen, bis sie vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als politisch Verfolgte anerkannt werden. Dann dürften sie arbeiten, könnten sich frei bewegen und damit beginnen, sich hier ein Leben aufzubauen. Privilegien, die Menschen, deren Asylverfahren noch anhängig ist, oder deren Gesuch bereits abgelehnt wurde, nicht zustehen.

Dass die Streikenden in der Münchner Innenstadt bereit sind, für diese Rechte zu sterben, offenbart auf dramatische Weise, wie wenig lebenswert ihnen das Dasein, dass sie derzeit in Deutschland fristen, erscheint. Es ist höchste Zeit, dass die Politik die verzweifelte Lage der Asylsuchenden anerkennt und deren missliche Lage verbessert.

Dazu bedarf es politischer Entscheidung: aus dem bayerischen Sozialministerium und aus Berlin. Man muss anerkennen, dass Asylsuchende auch dann nicht zu einer Rückkehr in ihre Heimatländer zu bewegen sind, wenn man ihnen das Leben in Deutschland so schwer wie möglich macht. Diese Erkenntnis sollte nicht so lange auf sich warten lassen, bis einer stirbt!

27 Jun 2013

LINKS

[1] /Muenchner-Asylbewerber-im-Trinkstreik/!118767/

AUTOREN

Marlene Halser

TAGS

Flüchtlinge
Protest
Asyl
München
Hungerstreik
Flüchtlinge
Flüchtlinge
München
Flüchtlinge
München

ARTIKEL ZUM THEMA

Iraner Ashkan Khorasani: Der Münchner „Rädelsführer“

„Auf einer Ebene mit Terroristen“: Bayerns Innenminister wirft Ashkan Khorasani vor, die Hungerstreikenden in München zu instrumentalisieren.

Kommentar Münchner Flüchtlingsprotest: Die Angst vor dem Präzedenzfall

Verhungern in Deutschlands reichster Stadt. Das darf nicht sein. Deshalb hat die Polizei den Hungerstreik beendet. An der Lage der Asylsuchenden ändert sich nichts.

Flüchtlingscamp in München: Räumung im Morgengrauen

In München befanden sich Asylsuchende im Durst- und Hungerstreik. Der wurde am Sonntagmorgen von der Polizei gewaltsam beendet.

Flüchtlinge in München: Hungern für ein Bleiberecht

In München protestieren Flüchtlinge für einen Abschiebestopp – und verweigern Nahrung und Flüssigkeit. Immer mehr kollabieren. Die Politik bleibt stur.

Hamburg plant mehr Unterkünfte: Sozialbehörde baut aus

Die Stadt verspricht, in diesem und im nächsten Jahr 1.900 Plätze mehr für Flüchtlinge und Wohnungslose zu schaffen. Unklar bleibt aber, wie sie das umsetzen will.

Münchner Asylbewerber im Trinkstreik: „Wir gehen bis zum Ende“

In München protestieren 65 Asylbewerber mit einem Hunger- und Trinkstreik für Asyl. In Bayern sei die Lage für Flüchtlinge am schlimmsten.

Kommentar Umgang mit Flüchtlingen: Human ist das nicht

Die Menschen, die es nach Europa geschafft haben, verdienen einen humanen Umgang mit ihrem Schicksal.