taz.de -- Flüchtlingsproteste in BaWü: Bargeld statt Essenspakete
In Stuttgart errichten Asylsuchende ein Protest-Camp vor dem Integrationsministerium. Sie fordern gleiche Behandlung aller Flüchtlinge im Bundesland.
STUTTGART taz | Rund 40 Flüchtlinge aus dem Main-Tauber-Kreis protestieren seit Mittwoch in Stuttgart für bessere Lebensbedingungen. „Menschenrechte für alle. Wir natürlich auch“, steht auf einem Plakat, mit dem sie direkt vor dem Integrationsministerium campieren.
Sie beklagen schlechte Unterbringungsbedingungen, Arbeitsverbote und eine „Behandlung wie Gefangene“. Unter anderem fordern sie, dass sie Bargeld erhalten statt mit Essenspaketen versorgt zu werden. Dies ist in einigen anderen Landkreisen Baden-Württembergs längst gängige Praxis und so auch von der grün-roten Landesregierung gewollt.
„Wir fordern einfach das gleiche Recht, das andere Landkreise auch umsetzen“, sagte Mian Anwar-ul-Haq der taz. „Seit acht Monaten versuchen wir, mit dem Landratsamt zu sprechen, aber die sagen uns nur, dass sie nichts machen könnten.“
Machen könnte das Amt sehr wohl etwas. Das vom Bund verabschiedete Asylbewerberleistungsgesetz sieht zwar vor, dass Sachleistungen Vorrang erhalten sollen. Das Land hat jedoch vor etwa einem Jahr in Anwendungshinweisen erklärt, dass dies auch anders gehandhabt werden könne, etwa weil die Barzahlung unbürokratischer ist.
Landratsamt und Innenministerium uneinig
Das CDU-geführte Landratsamt beruft sich aber darauf, entsprechend dem Willen des Bundes zu handeln. Den Flüchtlingen stehe ein hochwertiges Warenangebot zur Verfügung, erklärte ein Sprecher auf taz-Anfrage.
„Die Landkreisverwaltung sieht derzeit keinen Anlass, das erprobte und sehr gut funktionierende Verfahren zu ändern, das von der Mehrzahl der Asylsuchenden akzeptiert wird.“ Landrat Reinhard Frank verwies zudem darauf, dass sich seine Verwaltung „zu jeder Zeit aufgeschlossen und gesprächsbereit“ gezeigt habe.
Das SPD-geführte Innenministerium hingegen unterstützt die Flüchtlinge in ihren Forderungen und will in der nächsten Woche mit dem Landkreis vor Ort reden.
19 Jul 2013
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Bayern war das einzige Bundesland, das Asylsuchenden noch Essenspakete statt Geld aushändigte. Nach heftigem Protest ist nun damit Schluss.
70 Afghanistan-Flüchtlinge warten in Karlsruhe auf einen Asylbescheid. In Ungarn hätten sie Aufenthaltsrecht – doch die Unterkünfte dort waren katastrophal.
Die Flüchtlinge in Kreuzberg diskutieren mit Grünen-Politikern und der Integrationsbeauftragten – die Bundesvertreter hatten abgesagt.
Mit einer Ausstellung machen die afrikanischen Flüchtlinge, die seit sechs Wochen in der Hamburger St. Pauli-Kirche leben, auf ihre Situation aufmerksam.
Natürlich haben die Berliner und ihre Politiker nichts gegen Asylbewerber - nur will man sie lieber anderswo und keine Flüchtlingsunterkunft im eigenen Bezirk.
Nach der Eskalation eines Infoabends zu einem Flüchtlingsheim versucht der Bezirk Hellersdorf zu beruhigen. Die NPD mobilisiert für Samstag erneut.
Politiker verurteilen die rechte Stimmungsmache gegen ein Asylbewerberheim in Hellersdorf und fordern, sich von den Neonazis zu distanzieren.