taz.de -- Flüchtlinge in Berlin: Berliner Willkommenskulturen
Natürlich haben die Berliner und ihre Politiker nichts gegen Asylbewerber - nur will man sie lieber anderswo und keine Flüchtlingsunterkunft im eigenen Bezirk.
Die Flüchtlingszahlen in Deutschland steigen. 80.000 etwa kamen im Jahr 2012, fünf Prozent davon muss Berlin aufnehmen. 4.000 Menschen also, die Schutz vor Krieg, Gewalt, Verfolgung suchen. Das sollte in einer Stadt, die Willkommenskultur zu einem der Grundsätze ihrer Integrationspolitik erhoben hat, eigentlich kein Problem sei. Oder?
Tatsächlich gibt es überall, wo Sozialsenator Mario Czaja (CDU) eine neue Flüchtlingsunterkunft eröffnen will, Proteste, die ihr hässlichstes Gesicht diese Woche in Hellersdorf zeigten, wo NPD-Anhänger eine Bürgerversammlung dominierten. Doch es wäre falsch, Anti-Flüchtlings-Propaganda allein den Rechtsextremen in die Schuhe zu schieben. Sie schüren Stimmungen, für die es eine Grundlage in der Mitte der Gesellschaft gibt. Berlins rot-schwarze Landesregierung hat dabei bisher eine gute Figur gemacht. Czaja appelliert immer wieder an das Verständnis der BerlinerInnen für Menschen, die ihre Heimat unfreiwillig verlassen. Auch nach der Stimmungsmache in Hellersdorf hat er die passenden Worte gefunden.
Doch andere Bezirkspolitiker mit CDU-Parteibuch legen viel Kreativität an den Tag, um Asylbewerber nur nicht bei sich haben zu wollen. So vertreten die Baustadträte von Mitte, Carsten Spallek, und von Reinickendorf, Martin Lambert, die These, Asylbewerberheime seien in einem Wohngebiet für die Nachbarn unverträglich. Schließlich wohnen die Flüchtlinge auf engstem Raum, das sei eine Zumutung – für die Nachbarn, wohlbemerkt.
Wenn das Heim in Hellersdorf voll ist, wird der Senat als nächstes eines in Neukölln eröffnen. Es braucht keine prophetische Gabe zur Voraussage, dass die NPD auch dort die Stimmung schüren wird. Jetzt sind Neuköllns Bezirkspolitiker gefragt, die in Hellersdorf gemachten Fehler zu analysieren und die Bürger besser mit ins Boot zu nehmen.
12 Jul 2013
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