taz.de -- Royales Baby: Der Rentner-König

Die Geburt des noch unbenannten Prinzen wurde von ominösem Wetter begleitet. Erstes Opfer ist ausgerechnet sein beliebter Onkel Harry.
Bild: Kurz nach der Geburt brach ein heftiges Unwetter in London aus

Prinz Harry, der beliebte zweite Sohn von Prinzessin Diana („Lady Di“), hat in der britischen Thronfolge einen Rang verloren. Ein namentlich unbekannter Neugeborener verdrängte am späten Montag den Enkel der Queen vom dritten auf den als aussichtslos geltenden vierten Platz, hinter seinem Großvater Charles und seinem älteren Bruder William. Harrys Ausbootung ist ausgerechnet auf seinen Bruder zurückzuführen – durch dessen Heirat mit Catherine Middleton vor zwei Jahren und deren Schwangerschaft.

Der neugeborene Prinz von Cambridge wurde am Montag um 16 Uhr 24 Ortszeit „sicher ausgetragen“, bestätigte das Königshaus auf seiner Webseite. Es ist der erste direkte Thronfolger der britischen Geschichte, dessen Urgroßmutter noch lebt und regiert. Da die 87-jährige Queen Elizabeth II. keine Anstalten macht, daran zu Lebzeiten etwas zu ändern, und da es keinen ersichtlichen Grund gibt, wieso sie und nach ihr der Sohn Charles und der Enkel William nicht mindestens so lange weitermachen sollten wie ihre eigene im Alter von 101 verstorbene Mutter, dürfte es viele Jahre dauern, bis der Prinz selbst in Sichtweite seiner Krönung kommt.

Er dürfte dann mindestens 70 Jahre alt sein und könnte sich gute Hoffnungen machen, Großbritannien ins 22. Jahrhundert zu führen – sofern sich bis dahin an der britischen Staatsform sowie am Zustand der Welt nichts Gravierendes geändert haben sollte. Großbritannien ist somit nun das einzige Land der Welt, dessen Bürger schon jetzt mit ziemlicher Sicherheit wissen, wer bei der nächsten Jahrhundertwende in 87 Jahren ihr Staatsoberhaupt sein wird. Der Vorteil einer solchen Langzeitplanung ist in Zeiten des rapiden globalen Wandels nicht zu unterschätzen.

Die Geburt des Prinzen markiert ferner eine entscheidende Etappe auf dem langen Weg der britischen Monarchie zu mehr Repräsentativität. Eine andere Urgroßmutter von ihm, Dorothy Harrison, entstammt einer nordenglischen Bergarbeiterfamilie. Die Middleton-Familie mütterlicherseits und die Spencer-Familie von Prinzessin Diana großmütterlicherseits gehören alle, anders als die „Royal Family“, nicht zum Hochadel. Dieser besteht aus wenigen Familien, die quer durch Europa in vielfältigen Verschlingungen miteinander verwandt sind und längst nicht mehr national zugeordnet werden können.

William ist hingegen bereits eindeutig mehrheitlich englisch, sein Sohn eindeutig nicht mehr mehrheitlich aristokratischen Blutes. Vor hundert Jahren, in der Hochzeit des Empire, war die Königsfamilie noch mehrheitlich deutsch und auf obskure Weise europäisch – eine Ausrichtung, die sich in Großbritannien in der Folgezeit auch jenseits der Identität des Souveräns nicht bewährte.

Kurz nach Geburt begann ein Unwetter

Somit ist diese königliche Geburt ein eindrucksvolles Zeichen der unverbrüchlichen Verbundenheit von Volk und Monarchie im Vereinigten Königreich. Es wird nun erwartet, dass die britischen Werktätigen, unterstützt durch Besucher aus aller Welt, zur weiteren Gesundung der britischen Volkswirtschaft betragen, durch den freiwilligen Kauf von Souvernirartikeln im Wert von Hunderten Millionen Pfund.

Die Geburt des Prinzen war für Mitte Juli erwartet worden. Gründe für die Verzögerung, die zuletzt sämtliche britischen Medien an den Rand des Wahnsinns getrieben hatte, wurden nicht genannt. Die fiebrige Wartezeit war in Großbritannien mit einer dreiwöchigen Hitzewelle einhergegangen, wie sie das Land in diesem Jahrhundert noch nicht erlebt hatte. Der Montag war in London der bisher heißeste Tag, mit Spitzentemperaturen von 33,5 Grad. Nur wenige Stunden nach der Entbindung setzten landesweit schwere Unwetter ein.

23 Jul 2013

AUTOREN

Dominic Johnson

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