taz.de -- Die Bundesanwaltschaft ermittelt: NSA, zieh dich warm an!

Im NSA-Skandal nimmt die Bundesanwaltschaft Ermittlungen auf. Opposition und Koalition streiten derweil um den richtigen Umgang mit der Affäre, Edward Snowden und den USA.
Bild: Die Bundesanwaltschaft hat Fragen: Fassade des BND in Pullach.

BERLIN dpa | Die Berichte über die Datenschnüffelei des US-Geheimdienstes NSA rufen die Bundesanwaltschaft auf den Plan. Ein Sprecher sagte der Mitteldeutschen Zeitung, alle mit der Ausspähaffäre befassten deutschen Nachrichtendienste und die zuständigen Bundesministerien seien um Auskünfte gebeten worden.

Geklärt werden solle, ob „die Ermittlungszuständigkeit des Bundes berührt sein könnte“. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe begrüßte den Schritt. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel griff die Regierung derweil erneut scharf an.

Wie der Sprecher der Bundesanwaltschaft der Zeitung weiter sagte, ist für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens Paragraf 99 Strafgesetzbuch relevant. Darin gehe es um geheimdienstliche Agententätigkeit zulasten der Bundesrepublik Deutschland. Die Prüfung der Fakten könne aber noch eine Weile dauern. Von deren Ausgang hängt demnach unter Umständen ab, ob der Enthüller der amerikanischen und britischen Abhörpraktiken, Edward Snowden, von der Bundesanwaltschaft vernommen werden soll.

Die Vorermittlungen zeigten, dass Deutschland ein Rechtsstaat sei, „der die Durchsetzung seiner Rechtsordnung sehr ernst nimmt“, sagte Gröhe der dpa. Deutschland erwarte von der US-Regierung in diesem Zusammenhang „selbstverständlich auch eine eindeutige Erklärung, dass Geheimdienstpartner auf deutschem Boden deutsches Recht achten“.

Der SPD warf Gröhe vor, mit ihren Attacken zu überziehen. Wenn deren Vorsitzender Gabriel die Wertegemeinschaft mit den USA beeinträchtigt sehe, "tut er so, als ginge die größte Gefahr für unsere Freiheit von amerikanischen Sicherheitsdiensten aus und nicht von terroristischen Anschlägen". Dies zeige, "dass aus parteitaktischen Gründen hier die Axt an eine für uns wichtige Sicherheitspartnerschaft gelegt wird und die SPD zunehmend für uns zum Sicherheitsrisiko wird".

Trittin kritisiert Umgang mit Snowden

In einem Interview des Darmstädter Echos hatte Gabriel der Bundesregierung massive Versäumnisse vorgehalten. Die Enthüllungen seien „weit mehr als eine Schlapphut-Affäre von ein paar Geheimdienstfreaks“. Die Affäre bringe „die Wertegemeinschaft in Gefahr, die uns immer mit Amerika verbunden hat“. Nach Ansicht von Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin hätte die Bundesregierung den Mut haben sollen, Snowden zu helfen. Er begründete dies im Rundfunksender SWR 2 mit dem mangelnden Schutz von Whistleblowern in den USA.

Die Regierung in Washington will Snowden – wie dem bereits verurteilten Wikileaks-Informanten Bradley Manning – den Prozess machen. Doch der frühere Geheimdienstmitarbeiter ist in Russland untergetaucht. Sein Vertrauter Glenn Greenwald ist überzeugt davon, dass der 30-Jährige seine Kenntnisse dort nicht mit dem Geheimdienst teilen wird. Er sei erschüttert über derartige Spekulationen von US-Medien, sagte Greenwald dem Sender MSNBC.

Der Bundes-Datenschutzbeauftragte Peter Schaar befürchtet derweil, dass auch Online-Käufer in Deutschland von den Daten-Sammelaktionen betroffen sind. Angesichts der Enthüllungen könne es „als sicher gelten, dass die von Unternehmen erhobenen Daten und Profile auch bei staatlichen Stellen landen oder von diesen zumindest abgerufen werden können“, sagte Schaar der Zeitung Die Welt.

3 Aug 2013

TAGS

Bundesanwaltschaft
NSA
Edward Snowden
Hermann Gröhe
Sigmar Gabriel
Jürgen Trittin
Peter Schaar
NSA-Affäre
NSA-Affäre
Geheimdienst
Edward Snowden
Prism
Otto Schily
NSA
Prism

ARTIKEL ZUM THEMA

Kommentar britische Sicherheitsbehörden: Übergriffiger Schnüffelstaat

In der Vernehmung des Lebenspartners von NSA-Enthüllungsjournalist Greenwald zeigt London seine hässliche Seite. Ein skandalöses Vorgehen.

Kanzleramt sagt Spähaffäre ab: Pofalla gibt den Entwarner

Das Kanzleramt hält die Vorwürfe der massiven Ausspähung durch die USA und Großbritannien für widerlegt. Die Opposition bezweifelt das.

Überwachung in Großbritannien: Abwarten und Tee trinken

Die Briten reagieren gelassen auf die Enthüllungen über Überwachung der Geheimdienste. Aktuelle Warnungen vor Terroranschlägen kommen der Regierung da gerade recht.

Snowdens Russland-Asyl: Total enttäuschte Supermacht

Ein „Schlag ins Gesicht aller Amerikaner“. Die USA fühlen sich durch den Umgang mit dem Whistleblower Edward Snowden von Putin brüskiert.

Neues US-Spähprogramm enthüllt: Gegen XKeyscore ist Prism harmlos

Überwachung in Echtzeit. Eine weitere und sehr potente Spionagesoftware ist dank Edward Snowden bekannt geworden. Die US-Regierung wiegelt ab.

Aufregung um NSA-Affäre: Schily findet Terrorismus schlimmer

Der frühere Innenminister Otto Schily sieht in der NSA-Affäre kein Wahlkampfthema. Der Kanzlerkandidat seiner Partei, Peer Steinbrück, lobt unterdessen Snowden.

Kommentar Joachim Gauck: Präsident im Blindflug

Gauck sorgt sich um die Wahlbeteiligung und ist über den NSA-Skandal beunruhigt. Den Zusammenhang zwischen beidem will er aber nicht sehen.

Deutschland und die US-Überwachung: Doppelt sehen

Die USA spähen laut Bundesnachrichtendienst mit zwei Prism-Programmen. Die deutsche Regierung kannte nur eins davon. Missverständnis oder kurioser Zufall?