taz.de -- Kolumne Ich meld`mich: In Seenot

Vater und Sohn, Abenteuer und Reisen. Und das Zickzacktatoo der Kreuzotter.
Bild: Angelockt von der Wärme.

Noch zwei, drei Schritte, dann sind wir Schiffbrüchige. Vorsichtig gleiten wir ins Wasser und schwimmen die 50 Meter hinüber zu der kleinen Insel. Das Holzfloß für die Rucksäcke haben wir uns eben noch aus Ästen gebaut. Den ganzen Tag sind wir gewandert, Roman, mein neunjähriger Sohn, und ich, mit Kompass und grober Karte durchs Hinterland von Arendal in Südnorwegen. Am Ende haben wir den See gefunden. „Am Horizont entdecken Käpt’n Banks und sein erster Officer Hooker eine Insel und halten mit ihren letzten Kräften darauf zu.“

Sie ist zauberhaft. Ein paar verkrüppelte Birken stehen herum, zwischen grauen Felsen ist noch genügend Platz für das Zelt. Als wir uns eingerichtet haben, machen wir ein kleines Feuer. Käpt’n Banks, der zugleich Smutje ist, hat aus seinen Beständen zufällig ein paar Würstchen gerettet. „Morgen fange ich uns wilde Ziegen“, verspricht Officer Hooker, „und wir suchen in den Felsen Vogeleier.“ Dann kriecht er todmüde in seinen Schlafsack.

Käpt’n Banks sitzt noch und sinnt – und reißt plötzlich wie von der Axt getroffen die Augen auf: Genau ihm gegenüber dösen auf einer glatten Felsplatte zwei Kreuzottern, offenbar angelockt von der Wärme. Er packt einen Stock und will sie verscheuchen – da schlängeln sie sich schon, hochelegant und ohne größere Eile, hinunter ins dunkle Wasser. Beim Abtauchen schimmert ihr Zickzacktatoo golden auf. Käpt’n Banks schläft schlecht – die Verantwortung für das Offizierkorps und so. Am nächsten Morgen geht es zurück, schwimmend, was sonst. „Käpt’n immer vorneweg, erster Officer ganz dicht hinter ihm, wegen möglicher Haiattacken, bekannte Seemannsregel.“ Es werden für den Alten sehr, sehr lange 50 Meter. Officer Hooker drängt noch darauf, Fische zu speeren, für die schlechten Tage. Käpt’n Banks macht von seiner Weisungsbefugnis Gebrauch.

Abends erklärt der Officer feierlich: „Das war unser allertollstes Abenteuer, Papa. Das vergesse ich nienienie, ich schwöre.“ Ich schwöre, ich auch nicht. Nienienie.

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17 Aug 2013

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Franz Lerchenmüller

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Norwegen
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