taz.de -- Kolumne Ich meld' mich: Teufelskerl am letzten Limit

Ob beim Surfen auf dem Toten Meer oder beim Trampen zum Himalaya, Jen Swunkemoet scheitert grandios. Und macht ein Top-Buch daraus.
Bild: Ein Vorteil hat das Surfen auf dem Toten Meer – selbst Nichtschwimmer können nicht untergehen, wenn sie stürzen.

Lange hat man nichts mehr von Jen Swunkemoet gehört. Doch jetzt ist er wieder da. Pünktlich zur Buchmesse erscheint das neue Werk des Abenteurers, den Kritiker einmal als „Gottes Gegenentwurf zum menschlichen Kleinmut“ bezeichneten.

Und es wird, so viel steht fest, wie eine Naturgewalt einbrechen in die Welt der Katalogbucher, Hotelreservierer und Reiserücktrittsversicherungsnehmer.

„Teufelskerl am letzten Limit“ setzt erfolgreich die Reihe von „Pax, geh heim!“ und „Ich und ich am Arsch der Welt“ fort, mit denen der Autor schon zuvor die Bestsellerlisten eroberte.

Wieder einmal stößt Swunkemoet in Bereiche vor, an die andere nicht einmal zu denken wagen: Er versucht, im Toten Meer zu surfen, trampt erfolglos auf dem Highway zum Himalaja, startet eine Durchquerung des Regenwaldes von Belize mit dem Hochrad oder steigt zum Apnoetauchen in die Emscher. Er scheitert. Immer.

Aber dieses Scheitern gerät zum heroischen Zeugnis menschlicher Selbstvergewisserung. Oder, wie der Autor in der ihm eigenen Nachdenklichkeit sagt: „Jemand musste es tun. Und es konnte nur einen geben.“

Auch diesmal findet sich alles, was einen Swunkemoet ausmacht: das Lächeln des Dalai Lama, die Liebesschwüre einer Stefanie Hertel und die Blasenschwäche des Globetrotters. Wie immer ist es der Mut zur bedingungslosen Offenheit, der dieses Buch so einzig macht: eisenhart wie die Erde Äthiopiens, abgründig wie der Marianengraben.

Natürlich trägt die Biografie des Autors zum Verkaufserfolg bei. Der schweigsame Norddeutsche, der laut Angaben seines Verlages „zu Talkshows hingeprügelt“ werden muss, wuchs auf einer Warft vor Husum auf.

Er sprach früh, selten und wenn, dann nur in prägnanten Sätzen. Später arbeitete er als Rangieranwärter und Smartphonist und gab eine Karriere als Flagellant zugunsten seiner wahren Liebe, der Literatur, auf.

Mit „Teufelskerl am letzten Limit“ hat Swunkemoet seinen bisher größten Wurf hingelegt: ein Matterhorn von einem Buch.

22 Sep 2013

AUTOREN

Franz Lerchenmüller

TAGS

Potsdam
Buddhismus
Namibia
Norwegen
Südafrika
Ecuador

ARTIKEL ZUM THEMA

Kolumne Ich meld' mich: Das bisschen Licht von Potsdam

Fremd und zu Hause zugleich fühlt man sich im November auf Reisen. Städte, die man in ihrer spätherbstlichen Melancholie erlebt, prägen sich ein.

Kolumne Ich meld' mich: Ein Himmelsbegräbnis

Wenn Holz fehlt und die Erde fast nur gefroren ist, dann bleibt oftmals nur, die Toten zu zerkleinern und sie den Geiern zu überlassen.

Kolumne Ich meld' mich: Die Wüste lesen

Er konnte die Wüste entziffern, ihn haute nichts um. Er war Pfadfinder, Botschafter Namibias und Guide aus Berufung. Ein Nachruf auf Marc Dürr.

Kolumne Ich meld' mich: Überhang an Überschwang

Das Fischerdörfchen, die Schönheit, die Sehnsucht und die Kunst Orte gut zu verkaufen.

Kolumne Ich meld`mich: In Seenot

Vater und Sohn, Abenteuer und Reisen. Und das Zickzacktatoo der Kreuzotter.

Kolumne Ich meld`mich: Sein Wille geschehe

Eine Frage des Durchsetzungsvermögens, nicht nur als Safari-Ranger in der wilden Natur. Wie Banker ticken.

Kolumne Ich meld' mich: Vor Einbruch der Nacht

Im Yasuni Nationalpark in Ecuador lebt der Dschungel. Noch. Denn unter dem Boden liegen ergiebige Erdölfelder.