taz.de -- Rückzug des Spitzenkandidaten: Keiner will US-Notenbankchef werden
Lawrence Summers hat seine Kandidatur zurückgezogen. Der Ex-Finanzminister galt als aussichtsreicher Kandidat. US-Präsident Obama akzeptiert Summers Entscheidung.
WASHINGTON rtr | Der frühere amerikanische Finanzminister Lawrence Summers hat überraschend seine Kandidatur für die Nachfolge von US-Notenbankchef Ben Bernanke zurückgezogen.
Der Spitzen-Ökonom begründete am Sonntag seinen Schritt mit einem heftigen Gegenwind gegen seine mögliche Nominierung. Das Verfahren, das zu seiner Ernennung führen würde, dürfte für ihn zu „bitter“ werden, erklärte er. Summers wolle mit seinem Rückzieher möglichen Schaden von der Regierung, der Fed und der Wirtschaft abwenden. US-Präsident Barack Obama sagte, dass er die Entscheidung Summers' akzeptiere. Der frühere Harvard-Präsident galt neben der Fed-Vizechefin Janet Yellen als aussichtsreichster Kandidat für den Posten an der Spitze der Notenbank. Der Dollar fiel nach Summers Absage zum Euro.
Obama hatte angekündigt, sich im Herbst zur Nachfolge Bernankes zu äußern, dessen Amtszeit Ende Januar 2014 endet. In einem zweiten Schritt muss der Senat der Personalie zustimmen. Eine Gruppe von Senatoren – zumeist Demokraten – hat Summers vorgeworfen, in den 90er Jahren die Deregulierung der Finanzmärkte zu forsch vorangetrieben zu haben.
Yellen gilt als ausgewiesene Arbeitsmarktexpertin und wäre die erste Frau an der Spitze der Fed. Ihr wird jedoch nachgesagt, sie habe keinen engen Draht zum Präsidialamt. Als Nachfolger Bernankes käme auch der Fed-Veteran Donald Kohn infrage, der nach 40 Jahren in der US-Notenbank 2010 in den Ruhestand ging. Sollte ihn Obama zur Rückkehr bewegen, wäre er mit diesem Kandidaten auf der sicheren Seite: Fachlich genießt der 70-jährige Ökonom noch immer höchstes Ansehen.
Blitzgescheit und aufbrausend
Summers hatte bereits als Wirtschaftsberater Obamas gearbeitet und war unter dem früheren US-Präsidenten Bill Clinton Finanzminister. Summers legte an der Eliteuniversität Harvard eine Blitzkarriere hin. Er erhielt bereits als 28-Jähriger eine Voll-Professur und wurde später Universitätspräsident. Mit seiner aufbrausenden Art machte sich der brillante Wissenschaftler jedoch auch Feinde auf dem Campus und warf 2006 entnervt das Handtuch.
Bernanke hatte das Amt vom legendären Alan Greenspan übernommen, der die Notenbank fast 20 Jahre führte. Bernanke steuerte die Notenbank durch die schwerste Finanzkrise seit den 30er Jahren und blähte dabei die Bilanz der Fed durch massive Geldspritzen zum Ankurbeln der Konjunktur auf. Die Erholungstendenzen in der Wirtschaft und insbesondere am Arbeitsmarkt lassen der Fed nun voraussichtlich bald Spielraum, die Konjunkturhilfen zurückzufahren.
16 Sep 2013
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