taz.de -- Protest im Leipziger Kunstmuseum: Frauen, Tiere, Fäuste

Sexismus lautete der Vorwurf von Aktivistinnen gegen die Bilder von Mel Ramos in der Schau „Die Schöne und das Biest“. Es kam zur Rangelei mit Wachmännern.
Bild: Mel Ramos: der Künstler und seine gemalten Phantasien.

Im Leipziger Museum für Bildende Kunst kam es zu einer Prügelei bei der Eröffnung der Ausstellung „Die Schöne und das Biest“ mit Werken von Richard Müller, Mel Ramos und Wolfgang Joop. Proteste sind da nicht unerwartet, doch richteten sie sich nicht gegen den Nazi-Künstler Richard Müller, der die Ausstellung zur „Entarteten Kunst“ mitorganisierte, sondern gegen Mel Ramos.

Der kalifornische Pop-Art-Künstler bringt in Comic-haften Darstellungen nackte, starke Frauen mit Tieren zusammen und war zuletzt in der Albertina in Wien zu sehen. In Leipzig aber regte sich, angelehnt an die Bewegung der Guerrilla Girls, Protest.

Mit einem Plakat, Tiernamen rufend, unterbrach eine Gruppe Aktivistinnen die Eröffnungsrede von Museumsdirektor Hans-Werner Schmidt, um den Vorwurf des Sexismus gegen die Ausstellung zu erheben. Daraufhin wurde die Gruppe unter den Augen von 500 Vernissage-Gästen aus dem Foyer geführt. Ihr Banner wurde dabei zerrissen.

Die Protestierenden sehen bereits hier eine unverhältnismäßig grobe Form des Herausbringens, während ein Museumssprecher erklärte, die Gruppe hätte auf Aufforderungen des Sicherheitspersonals nicht reagiert, da habe man vom Hausrecht Gebrauch gemacht. Vor dem Haus ging die Rangelei weiter.

„Wir suchen die Auseinandersetzung“

Eine Protestierende beleidigte, so das [1][Stadtmagazin] [2][Kreuzer], die Wachleute mit „Fick dich“, ein Wachmann filmte die Demonstrantinnen draußen. Als eine von ihnen dies unterbinden wollte, bekam sie einen Faustschlag – Diagnose: Schädel-Hirn-Trauma. Dazu äußert sich das Museum nicht. Bis jetzt liege noch keine Anzeige vor, heißt es nur.

Der Zwischenfall wirft ein Licht auf das komplexe Feld zwischen Kunst- und Meinungsfreiheit. Denn ein Verhindern des männlich dominanten Blicks würde wohl große Teile des Kunstschaffens im Abendland in die Magazine verbannen. Dass aber auch ein Museum mit Protest anders als mit der Faust umgehen können muss, ist ebenso klar. Museumsdirektor Schmidt gibt sich aufgeschlossen: „Wir suchen die Auseinandersetzung.“ Von den Protesten gegen Ramos war er hingegen „total überrascht“.

Und wie kann ein Dialog aussehen? Schmidt verweist auf das Künstlergespräch mit Ramos einen Tag nach der Eröffnung. Die Girls-Crew ist dort nicht erschienen.

22 Oct 2013

LINKS

[1] http://kreuzer-leipzig.de/2013/10/16/die-schau-haut-aufs-auge/
[2] http://kreuzer-leipzig.de/2013/10/16/die-schau-haut-aufs-auge/

AUTOREN

Ibs

TAGS

Sexismus
Sexismusdebatte
Kunst
taz.gazete
Hildebrand Gurlitt
Prekariat

ARTIKEL ZUM THEMA

Sexismus in Kultur und Medien: Der Geniekult ist männlich

Erstmals ist es amtlich: Frauen werden in Kultur und Medien benachteiligt. Eine Studie des Kulturrats empfiehlt eine Quote für Gremien.

Peter Halley stellt in Jena aus: Gefängnis trifft auf Las Vegas

Wie Form und Farbe wirken: Im Alten Straßenbahndepot in Jena sind 34 „Prison“-Gemälde des New Yorker Künstler Peter Halley zu sehen.

Freund der Moderne im Dritten Reich: Gurlitt hortet Gemälde

Er liebte die Moderne. Im Dritten Reich verlor H. Gurlitt den Job und handelte für die Nazis mit „entarteter Kunst“. Seine Sammlung ist gigantisch.

Debatte Kunst im Kapitalismus: Das verstummte Prekariat

Ökonomische Zwänge und Verdrängung aus dem urbanen Raum bedrohen die Kunst. Gebraucht wird mehr Selbstbewusstsein der Kulturschaffenden.