taz.de -- Kommentar Kirchengehälter: Ein Vaterunser macht nicht satt
Die Debatte um einen Mindestlohn geht auch an kirchlichen Einrichtungen nicht vorbei. Da mögen sich die Kirchen sträuben, wie sie wollen.
Wie viel ist christliche Nächstenliebe wert? 7 Euro? 8,50 Euro? 9 Euro?
Die Debatten um einen menschenwürdigen Mindestlohn gehen auch an den Kirchen und ihren Wohlfahrtseinrichtungen nicht vorbei. Der Präsident der katholischen Caritas mischt da kräftig mit – mit einem überraschenden Verhandlungsangbot: Keinen Einheitslohn, bitte! Und auch keine Gleichsetzung von Ost und West. Schließlich sind die Mieten in München um ein Vielfaches teuer als in Greifswald.
Das ist zwar richtig. Aber einen Diskurs um ein wichtiges gesellschaftliches Thema zu reduzieren auf noch immer bestehende regionale Unterschiede beim Lebensstandard, mutet zum einen ziemlich unchristlich an.
Darüber hinaus lenkt der Vorschlag von einem anderen, dem eigentlichen Problem ab: die Transparenz der kirchlichen Finanzen. Die gibt es vielfach nämlich nicht. Bis auf die Betroffenen, die in der Regel nicht darüber reden dürfen, und ihre unmittelbaren Vorgesetzten weiß niemand so genau, wie viel eine Caritas-Krankenschwester verdient und wie viel ein Altenpfleger in der Diakonie. Manchmal outen sich die ChristInnen dann doch, meist, wenn sie sich wieder mal geärgert haben. Strikt anonym natürlich.
Nun müssen auch katholische und evangelische Krankenhäuser, Pflegestationen und Kindergärten rechnen: Sie müssen für Strom und für die Heizung im Winter sorgen und dafür, dass die Müllabfuhr und der Schornsteinfeger bezahlt werden. Ganz weltliche Sorgen. Weltliche Sorgen haben aber auch viele Bedienstete der kirchlichen Einrichtungen, wenn sie auf ihren Gehaltszettel schauen. Von einem Vaterunser werden auch Christen nicht satt.
Wenn die Kirchen endlich vollständig ihre Finanzen offen legen würden, gerieten selbst fragwürdige Vorschläge wie der zum Mindestlohn nicht so leicht in eine Schieflage.
30 Oct 2013
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