taz.de -- Reform der Ökostromförderung geplant: Altmaier dreht den Wind ab
Der Bundesumweltminister will die Förderung für Windanlagen stark umbauen. Neue Windräder im Süden hätten dann kaum noch Chancen.
BERLIN taz | Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) will die Förderung der erneuerbaren Energien komplett umkrempeln. Das System der garantierten Abnahmepreise für Erzeuger soll zerschlagen, der Ausbau der Windenergie in Süddeutschland begrenzt werden.
„Überförderungen werden wir schnell und konsequent bei Neuanlagen abbauen“, zitierte Reuters am Donnerstag einen Textvorschlag der Union für den Koalitionsvertrag. „Bei windstarken Standorten“ solle die Förderung „deutlich“ gesenkt werden, zudem sollten nur noch „gute Standorte“ bezuschusst werden. Damit dürften Windkraftplanungen in Binnenländern wie Bayern und Baden-Württemberg kaum noch Chancen auf Realisierung haben.
Betreiber mittlerer und großer Öko-Anlagen sollen zudem laut Union künftig ihren Strom selbst vermarkten. Bisher verkaufen die Netzbetreiber den grünen Strom für sie an der Börse. Die Differenz zwischen Börsenpreis und staatlich garantierten Abnahmetarifen wird über die Erneuerbare-Energien-Umlage erstattet.
Altmaier will auch das Grundprinzip der Förderung schleifen. Für Neuanlagen solle künftig der garantierte Abnahmetarif durch eine „Marktprämie“ ersetzt werden, also einen Zuschlag auf den Börsenpreis. Zunächst solle diese Prämie den Börsenerlös bis zu den festgelegten Fördersätzen aufstocken, spätestens ab 2016 solle die Höhe des Aufschlags per Ausschreibung definiert werden: Der Staat fragt dann Investoren, für wie viel Aufschlag auf den Börsenpreis sie ein Windrad oder eine Solaranlage bauen würden.
In Brüssel wurde am späten Donnerstag um die Ausnahmen von der EEG-Umlage für energieintensive Firmen gerungen. Da die EU die Rabatte als unzulässige Beihilfen wertet, besuchten Altmaier und die Energie-Verhandlungsführerin der SPD, NRW-Regierungschefin Hannelore Kraft, Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia. Wenn die jährlich etwa 5 Milliarden Euro schweren Industrierabatte wegfielen, seien in Deutschland eine Million Jobs bedroht, schrieb die Welt unter Berufung auf die deutsche Metallindustrie. Ein offenbar vorläufiges Papier aus Altmaiers Ministerium sah Kürzungen in Höhe von gut 1 Milliarde Euro vor.
7 Nov 2013
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Die Metropolregion Hamburg profitiert besonders stark von der Entwicklung der erneuerbaren Energien - und will das auch weiterhin tun.
Im Sommer erst der Pleite entronnen, setzt die Bonner Firma Solarworld schon wieder auf Zukäufe. Jetzt muss nur noch das Kartellamt mitspielen.
Union und SPD schlagen eine radikale Änderung der bisherigen Ökostrom-Förderung vor. Der Markt soll einen stärkeren Einfluss auf erneuerbare Energien nehmen.
Bei den Koalitionsverhandlungen zum Thema Energie geht es um Paragrafen und Fristen – nicht um eine weltweite Katastrophe. Das sollte es aber.
Die Union hat sich von der Erhöhung des Kindergeldes verabschiedet. Hannelore Kraft lehnt die von Peter Altmaier geforderte Begrenzung der Förderkosten für Ökostrom ab.
Schwarz-Rot verhandelt zäh um die Richtung bei der Energiewende. Auch die EU-Kommission wird in den Streit einbezogen.
Ganze Industriezweige sollen künftig wieder die Ökostrom-Förderung zahlen, heißt es in einem Papier aus dem Umweltministerium. Das jedoch dementiert den Bericht.
Rechtzeitig zu den Energie-Koalitionsverhandlungen warnen RWE und Eon vor dem Zusammenbruch der Versorgung. Sie fordern Geld.