taz.de -- Kommentar US-Krankenversicherung: Obama-No-Care
Die Vertrauenskrise von Barack Obama ist hausgemacht. Die Reform der Krankenversicherung bleibt für ihn ein Stolperstein
Fünf Jahre lang hat Barack Obama jede noch so große Krise mit erhobenem Haupt durchschifft. Doch in diesem Herbst, wo eine Umfrage-Mehrheit der US-AmerikanerInnen ihm ihr Vertrauen entzieht, scheint sich das Blatt zu wenden.
Und es sind ausgerechnet die zahlreichen Pannen bei seiner wichtigsten Reform – der „erschwinglichen Gesundheitsversorgung“ – , die seinen Vertrauensbonus zerschmelzen lassen. Und dann gibt es da noch diesen scheinbar kleinen Satz, den der US-Präsident gesagt hat, und der sich heute als falsch entpuppt: „Wer seine alte Krankenversicherung mag, kann sie behalten“.
Die langjährige Attacken von republikanischer Seite haben das ideologische Terrain vorbereitet. Dabei sind sie selbst vor plumpen Lügen nicht zurückgeschreckt. Haben von Euthanasie gefaselt, von sinkender ärztlicher Qualität, kurz: Das Land würde „sozialistisch“ werden.
Doch der Auslöser für die gegenwärtige Vertrauens-Krise ist hausgemacht. Die Webseite, auf der auf der US-AmerikanerInnen im Internet nach neuen Versicherungen suchen sollen, ist eine Katastrophe. Statt den Zugang zur Krankenversicherung zu erleichtern, hat sie ihn kompliziert und behindert.
Doch das technische Versagen ist nur der vorerst letzte Makel der Reform. Was ihm vorausgegangen ist, wiegt politisch schwerer. Obama hat seine Reform viel zu lange viel zu wenig offensiv vertreten. Er hat das Terrain der Ideologie der anderen Seite überlassen.
Die Hauptleidtragenden sind die Zig Millionen von Nicht – und Schlecht-Versichertern in den USA. Denn so wie die Dinge in stehen, wird die Gesundheitsreform in den nächsten Wochen und Monaten noch weiter ausgehöhlt und verschoben werden. Und je länger sich ihre Umsetzung verzögert, desto größer wird auch die Wahrscheinlichkeit, dass sie von einer künftigen republikanischen Regierung komplett gekippt wird.
14 Nov 2013
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Heftige Lagerkämpfe begleiten Präsident Obamas Herzensprojekt von Anfang an. Jetzt entschied das Oberste Gericht erneut zugunsten der Reform.
Zwei Monate nach ihrem Start scheint die Webseite der von Präsident Obama initiierten Gesundheitsreform endlich zu laufen. Doch das hat ihn einiges gekostet.
Nur rund 100.000 US-Amerikaner haben sich bisher für die neue Krankenversicherung eingeschrieben. Bis März 2014 sollen es sieben Millionen sein.
Der Shutdown legt nicht alle Regierungsaktivitäten lahm. Weiten die Republikaner den Stillstand auf die Erhöhung der Schuldengrenze aus, droht Zahlungsunfähigkeit.
Die Republikaner wollen den Haushaltsstreit nutzen, um die Gesundheitsreform aufzuschieben. Präsident Obama warnt vor der Zahlungsunfähigkeit.
Als US-Präsident hat er viele seiner Fans enttäuscht. Warum? Waren die Erwartungen zu hoch oder hat Obama seine Versprechen nicht gehalten?