taz.de -- Frauenquotengegnerin Anika Falkengren: Europäische Topbankerin
Als zweite Frau wurde sie zum „European Banker of the Year“ ernannt. Die Gegnerin der Frauenquote versteht sich selbst als weibliches Vorbild.
Mädchen, es gibt ja viel zu wenig weibliche Bankdirektoren“, freute sich der Großvater über den Job von Annika Falkengren: „Deshalb ist es gut, dass du bei der Bank arbeitest.“ Da war Falkengren zwar erst 19 Jahre alt und hatte nur ihren ersten Sommerjob: bei einer Filiale der Enskilda Banken in Stockholm. Doch sie blieb dieser Bank treu und 34 Jahre später war sie Vorstandschefin der SEB, der zweitgrößten Bank Schwedens.
Am Montag wurde sie als erste Schwedin und zweite Frau als „European Banker of the Year“ ausgezeichnet. Nicht der erste ehrenvolle Titel der 51-Jährigen. Gleich zweimal, 2003 und 2005, war sie zur „mächtigsten Schwedin“ gewählt worden und sie rangierte wiederholt auf den Toplisten der weltweit einflussreichsten Frauen von Wirtschaftsblättern wie Forbes, Financial Times und Fortune.
Doch auch den weniger ruhmreichen Titel der „überbezahltesten Vorstandschefin“ musste sie sich vor einem Jahr gefallen lassen: weil Gewinn und Aktienkurs ihrer SEB über einen Fünfjahreszeitraum tief in den Keller gefallen waren, während Falkengren gleichzeitig fette Boni kassierte. Ihr Foto, oft kombiniert mit dem ihrer Luxusvilla, zierte regelmäßig Artikel. So häufig – „dieses Luxusleben führt sie dank deiner Bankgebühren“, titelte beispielsweise das Boulevardblatt Aftonbladet –, dass Medien schon mal über einen Nachfolger spekulierten. Zumal sie selbst bei Amtsantritt verkündet hatte, den Vorstandsjob bei der SEB sowieso nicht länger als 8 Jahre machen zu wollen.
Das gilt nicht mehr, sagt sie jetzt: Zwar sei ihr klar geworden, dass es eine Frau in ihrem Job viel schwerer habe als ein Mann. Aber Karriere und Familie – mit ihrem Mann Ulf hat sie eine neunjährige Tochter – habe sie viel besser vereinbaren können als befürchtet. Und die Gegnerin einer Frauenquote findet es auch wichtig, als eine von gerade einmal fünf Aktienkonzernchefinnen in Schweden so etwas wie weibliches Vorbild sein zu können.
Schließlich sei sie ja auch erst Anfang November zur Vorsitzenden der Vereinigung der schwedischen Banken gewählt worden: Und in diesem Amt hoffe sie, etwas gegen den massiv angeschlagenen Ruf der Banken tun zu können.
19 Nov 2013
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Vor einem Jahr erschien die „Quotentaz“, erstellt zusammen mit ProQuote. Wo steht die Initiative für mehr Chefredakteurinnen nun?
Das EU-Parlament hat sich für die Quote in börsennotierten Unternehmen ausgesprochen. Bleibt ein kleines Problem – jetzt muss mit den Regierungen verhandelt werden.
Frauen sind in vielen Rathäusern und Stadträten unterrepräsentiert. Eine Studie zeigt: Gendergerechtigkeit lebt von guten Beispielen.
Lencke Wischhusen meint, eine Frauenquote sei unnötig, die gläserne Decke weiche langsam auf. Stattdessen fordert sie selbstbewusstere Frauen.
Die Frauenquote könnte einen Kulturwechsel in Konzernen herbeiführen. Doch der geplante 30-Prozent-Anteil zementiert nur die Verhältnisse.
Aufsichtsräte börsennotierter Firmen sollen ab 2016 zu 30 Prozent mit Frauen besetzt sein. Union und SPD streiten weiter über die Finanzierung von Pflege und Krankenkassen.
Männer sollen bevorzugt auf eine Professur berufen werden, wenn ihr Geschlecht an einer Fakultät unterrepräsentiert ist.