taz.de -- ARD-Doku „Kunde Kind“: Werbung als „Mehrwert“

Jedes Kind sieht hierzulande im Jahr bis zu 19.000 Werbespots. „Kunde Kind“ in der ARD zeigt, wie Werbung die Kleinsten umgarnt.
Bild: Über 2 Milliarden Euro Taschengeld sollen die deutschen Kinder haben.

Wenn das Erste uns heute zeigt, „Wie die Wirtschaft unsere Kinder verführt“, dann haben die beiden NDR-Autorinnen Kathrin Becker und Grit Fischer bei der Betitelung ihres Films die irgendwo bei um die 1,3 liegende Fertilitätsrate wohl eben mal ausgeblendet.

Der Zuschauer hat mit großer Wahrscheinlichkeit überhaupt kein Kind. Aber egal, denn die Werbewirtschaft scheint unsere wenigen Kinder deshalb umso intensiver zu umgarnen. Studien zufolge sieht jedes unserer Kinder, die zusammen über 2 Milliarden Euro Taschengeld verfügen sollen, im Jahr bis zu 19.000 Werbespots. 52 pro Tag.

Dazu der Mann vom Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft: „Die Wirkung von Werbung auf Kinder ist empirisch nicht belegt. […] Wenn überhaupt, das sagen alle wissenschaftlichen Erkenntnisse, spielt Werbung für das Verhalten von Kindern nur eine ganz untergeordnete Rolle.“

Die Zurückhaltung hat einen Grund. „Es ist verboten, Kinder zum Kauf oder zum Konsum aufzufordern“, erklärt ein Wirtschaftswissenschaftler die Gesetzeslage. Dumm nur, wenn doch genau das der einzige Sinn und Zweck jeder Werbung ist. Das wissen natürlich alle, dürfen es aber nicht offen sagen – deshalb sagen sie entweder gar nichts oder erzählen einen Schmus von „edukativem Mehrwert“. Meinen dabei aber „Abverkaufsdruck“.

Becker und Fischer machen anhand mehrerer Beispiele anschaulich, mit welch läppischen Tricks die Werbefuzzis das grundsätzliche Verbot umgehen. Zum Beispiel in der Schule, die doch werbefreier Raum sein soll, wo es so etwas wie Werbebanden nicht geben darf. Da fällt dann der Matheunterricht aus, damit die Werber mit den Kindern Wettrennen veranstalten können. Alle sind Gewinner und dürfen zur Belohnung ihre Eltern am Wochenende zur nächsten Runde ins Autohaus schleppen.

Die Berufszyniker machen einfach ihren Job.

25 Nov 2013

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Jens Müller

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