taz.de -- Kommentar Rote Flora: Lauter Verlierer

Die Provokation des Flora-Besitzers ist aufgegangen: Die Randale wird zur Entsolidarisierung der Hamburger mit den Nutzern der Roten Flora führen.
Bild: Das Kulturzentrum Rote Flora im Hamburger Schanzenviertel bei Nacht.

Die Hamburger Gewaltdemo für den Erhalt des autonomen Zentrums Rote Flora hat viele Väter, und sie kennt nur Verlierer. An erster Stelle steht Flora-Eigentümer Klausmartin Kretschmer, ohne dessen untaugliche Versuche, die Flora-Nutzer loszuwerden und das Grundstück zu versilbern, es diesen Aufmarsch nie gegeben hätte.

Mit seinem Ultimatum an die Flora-Nutzer, das Gebäude vor Weihnachten zu räumen, goss der in Geldnot geratene Kaufmann gleich fässerweise Öl ins Feuer und leistete ganz bewusst effektive Mobilisierungshilfe. Kretschmer hat mit seinem politischen Amoklauf die Eskalation zumindest billigend in Kauf genommen, allein um seine materiellen Ziele zu befördern.

Zweiter Verlierer sind die Flora-Nutzer, die europaweit autonome Gruppen mobilisierten und damit Kretschmers perverses Kalkül noch beförderten. Dank Kretschmers Kapriolen hatte die Flora zuletzt so viel Unterstützung in der Bevölkerung wie nie zuvor. Gewaltausbrüche wie der vom Wochenende aber werden diesen Rückenwind schnell abklingen lassen.

Dritter Verlierer ist Hamburgs Innensenator Michael Neumann (SPD) und sein Polizeiapparat. Deren Einsatzstrategie setzte in keinem Punkt auf Deeskalation und trug so zur Aufheizung der ohnehin kurz vor dem Siedepunkt stehenden Stimmung bei.

Hamburgs Senat hat bereits 2001 mit dem Verkauf der Flora das Heft des Handeln aus der Hand gegeben. Er hat die zahlreichen Eskapaden Kretschmers zuletzt mit konsequenter Nichtbeachtung gestraft, in der Hoffnung, der Mann werde aufgeben. Der Plan ging nicht auf.

Um Kretschmer konsequent ins Leere laufen zu lassen, bedürfte es einer Allianz der Gelassenheit von Senat und Rotfloristen, von System und seinen militantesten Gegnern. Dass die nicht in Sicht ist, hat das vergangene Wochenende belegt.

22 Dec 2013

AUTOREN

Marco Carini

TAGS

Rote Flora
Klausmartin Kretschmer
Hamburg
Schwerpunkt Polizeikontrollen in Hamburg
Davidwache
Rote Flora
Hamburg
Rote Flora
Rote Flora
Schwerpunkt Polizeikontrollen in Hamburg
Hamburg
Rote Flora
Rote Flora
Hamburg
Demonstrationen

ARTIKEL ZUM THEMA

Hamburger Polizei korrigiert sich: Zweifel am Angriff auf Davidwache

Der schwer verletzte Polizist der Hamburger Davidwache ist laut Polizei 200 Meter entfernt verletzt worden – und nicht bei einer Attacke auf die Davidwache.

Krawalle in Hamburg: Angriff auf Villen von Firmenchefs

Attacke auf der Elbchausse: Im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Schließung des Kulturzentrums „Rote Flora“ wurden auch Hamburger Villen angegriffen.

Flora-Krawalle in Hamburg: Staatsstreich am Schulterblatt

Vieles deutet darauf hin, dass die Polizeiführung die Rote-Flora-Demonstration am vergangenen Wochenende von Anfang an verhindern wollte.

Nach Ausschreitungen in Hamburg: Festgenommene wieder frei

20 Männer waren bei den Ausschreitungen rund um die Rote Flora festgenommen worden. Sie sind wieder frei, da es keine Haftgründe gegeben habe.

Polizeifunktionär über Rote-Flora-Protest: „Abschaum“ statt Demonstranten

Ein Polizeigewerkschafter hat Demonstranten beschimpft, die den Erhalt der „Roten Flora“ forderten. Selbst sein Chef kritisiert seine Wortwahl.

Hintergründe zur Roten Flora: Streit um ehemaliges Schnäppchen

Rote Flora: Die Geschichte eines Spekulationsobjekts. Auf welcher Rechtsgrundlage und von wem könnte es geräumt werden?

Demonstration für Rote Flora: Zahlreiche Verletzte

Bei den Ausschreitungen während der Demo zum Erhalt des Kulturzentrums Rote Flora werden mehr als 500 Demonstranten und 120 Polizisten verletzt.

Demo für Erhalt der Roten Flora: Gewalt ohne Vorwarnung

Schlagstöcke, Faustschläge und Wasserwerfer: In Hamburg kam es zu schweren Ausschreitungen zwischen Polizei und Demonstranten.

Demo für Rote Flora: Polizei setzt Wasserwerfer ein

Der Protestzug für den Erhalt der Roten Flora in Hamburg hatte noch nicht ganz begonnen, als Böller und Steine flogen. Die Polizei löst die Demo auf.

Demo für die Rote Flora: City bleibt Tabuzone

Die geplante Demonstration für den Erhalt der Roten Flora durch die Hamburger Innenstadt bleibt verboten. Die City ist zum Gefahrengebiet erklärt worden.

Demoverbote für die City: Autonome müssen draußen bleiben

Die Polizei verbietet eine Demo für die Rote Flora in der City, weil sie Gewalt prognostiziert. Auch gegen das City-Verbot selbst darf nur fernab der Weihnachtseinkäufer protestiert werden.