taz.de -- Online-Petiton gegen BaWü-Lehrpläne: Mehr als 192.000 Heteronormisten
Die grün-rote Landesregierung will künftig in den Schulen sexuelle Vielfalt behandelt wissen. Ein Lehrer sammelte bis Dienstag Unterschriften dagegen – mit großer Resonanz.
STUTTGART dpa | Die umstrittene Online-Petition gegen die Thematisierung von sexueller Vielfalt im Schulunterricht in Baden-Württemberg hat mehr als 192.000 Unterstützer mobilisiert. In der Nacht zum Dienstag wurde die Unterschriftensammlung im Internet beendet. Vor allem in den letzten beiden Tagen haben sich laut Statistik auf der Seite [1][openpetition.de] noch einmal viele Menschen gegen die Pläne der grün-roten Landesregierung gewendet, verschiedene sexuelle Lebensformen stärker im Schulunterricht zu behandeln.
Der Initiator, ein Realschullehrer aus dem Kreis Calw, hatte sich selbst das Ziel gesetzt, 100.000 Unterzeichner für seine Petition zu gewinnen. Die [2][beiden Gegenpetitionen] hatten allerdings noch mehr Zulauf und kamen bis zum Dienstagmorgen auf gut 221.000 Stimmen.
Grün-Rot strebt an, dass Schüler im Unterricht künftig stärker über sexuelle Vielfalt und unterschiedliche Formen des Zusammenlebens informiert werden. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte zur Begründung gesagt: „Wenn Ausdrücke wie ‘schwule Sau‘ zu den beliebtesten Schimpfwörtern auf Schulhöfen gehören, dann ist da Handlungsbedarf da.“
Die Petition unter dem Motto „Kein Bildungsplan 2015 unter der Ideologie des Regenbogens“ forderte hingegen ein klares Zeichen „zu einer verantwortungsbewussten Sexualpädagogik und ein ‘Nein‘ zur Überbetonung einzelner Gruppen und ihrer Interessen“. Auch kirchliche Kreise schlossen sich der Kritik an.
28 Jan 2014
LINKS
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Sollen Lehrer mit Schülern über Analverkehr, Sexting und Pornografie sprechen? Pädagogik sollte aufgreifen, was Schüler bewegt, so Elisabeth Tuider.
Auf Einladung der taz diskutierten Minister, Kirche und Homosexuelle über den Bildungsplan in Baden-Württemberg, der nun überarbeitet wird.
Auf seiner Schule gab es keine Homos: Der Stuttgarter CDU-Bundestagsabgeordnete Kaufmann ist schwul und kämpft für eine Kultur sexueller Vielfalt.
Hamburger Forscher untersuchen das politische Engagement junger Menschen on- und offline. Fazit: Viele Gemeinsamkeiten und ein altes Problem.
Am Samstag wird erneut gegen sexuelle Vielfalt als Thema im Unterricht demonstriert. Winfried Kretschmann bemüht sich um Deeskalation.
Falsch, falscher, Maischberger: Wie beim Thema Homosexualität Putins Propagandaabteilung in eine deutsche TV-Talkshow geriet.
Eltern sollten sich für ihre Kinder nur wünschen, dass sie glücklich werden, sagt die Journalistin Carolin Emcke. Ein Gespräch über sexuelle Identität und Menschenrechte.
Beim Coming-out von Hitzlsperger jubelte die Nation. In BaWü findet derweil ein Backlash statt. Die Debatte um sexuelle Vielfalt im Lehrplan ist bigott.
Das Parlament in Baden-Württemberg diskutiert, wie viel sexuelle Vielfalt in den Bildungsplan darf. Die Grünen kritisieren die Debatte als unsachlich.
Wie die Bremer CDU-Abgeordnete Sigrid Grönert eine homophobe Petition zu unterschreiben, ist daneben. So zu tun, als sei man Vorreiter in Sachen Gleichstellung, auch.
Lehrer Peter F. ist beliebt. Doch keiner weiß, dass er schwul ist. Es ist weniger die Reaktion der Kinder, die er fürchtet - es sind ihre evangelikalen Eltern.