taz.de -- Berlinale Staralbum: Filmstudio Babelsberg: Das Wandelbare

Bei der diesjährigen Berlinale zeichnet sich das Filmstudio Babelsberg für auffällig viele Filme verantwortlich.
Bild: An alle US-Regisseure, die noch mal schön Zweiter Weltkrieg spielen wollen: Eine neue Berliner Straße ist in Babelsberg in Arbeit

Der Duft von deutschem Geld war selten so betörend wie heute. Bei der diesjährigen 64. Berlinale werden 26 vom Medienboard Berlin-Brandenburg geförderten Produktionen gezeigt, sieben davon im Wettbewerb. „Ein voller Erfolg“ für Geschäftsführerin Kirsten Niehuus.

Gleich der Eröffnungsfilm „The Grand Budapest Hotel“ von Wes Anderson wurde zudem vom Studio Babelsberg als ausführende Produktionsfirma hergestellt und koproduziert. Mit George Clooneys „Monuments Men – Ungewöhnliche Helden“ und der Märchenadaption „Die Schöne und das Biest“ feiern noch zwei weitere Babelsberg-Filme ihre internationale Premiere – so viele wie nie. „Auf der Berlinale wird in diesem Jahr deutlich, welche hohe internationale Reputation der Medienstandort Babelsberg hat“, sagt Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke).

Das Filmstudio Babelsberg liegt im größten Stadtteil Potsdams. Die Superlative sind zahlreich: Es ist insgesamt 420.000 Quadratmeter groß, das älteste Großatelierfilmstudio der Welt und das größte Filmstudio Europas. Das berühmte Studio 15 ist mit einer Gesamtfläche von 7.355 Quadratmetern das weltweit größte. Das größte Studio in Hollywood ist nur gut halb so groß.

Am Erfolg von Babelsberg scheint Berlinale-Leiter Dieter Kosslik nicht ganz unschuldig zu sein. Christoph Fisser, Vorstand der Filmstudios, sagte im Interview mit der Berliner Morgenpost: „Es ist einfach so, dass wir mal bei Dieter Kosslick waren und der geschimpft hat, dass nie Babelsberg-Filme auf der Berlinale laufen.“ Ach so. Und dass nun sieben davon im Wettbewerb laufen, sei reiner Zufall. Is klar.

„Die Anzahl der Förderanträge steigt, vor allem auch von internationalen Produzenten“, sagt Niehuus. Die Erfolgsspur will man in Berlin und Brandenburg auch nach der Berlinale so schnell nicht wieder verlassen. Im Frühsommer etwa kommt Oscarpreisträgerin Jennifer Lawrence für Dreharbeiten in die Region Berlin-Brandenburg.

Da es ein Fantasyfilm ist, werden die Macher die Berliner Straße wohl kaum vermissen. Ende 2013 musste die 1999 für „Sonnenallee“ errichtete, so wandelbare Kulisse (DDR, Paris, Warschauer Getto) direkt neben dem Babelsberger Studiogelände einem Wohnungsbauprojekt weichen. Aber alle US-Regisseure, die noch mal schön Zweiter Weltkrieg spielen wollen, können aufatmen: Eine neue Berliner Straße ist in Arbeit.

6 Feb 2014

AUTOREN

Enrico Ippolito
David Denk

TAGS

Hollywood
Potsdam
Schwerpunkt Berlinale
Film
Raubkunst
George Clooney
Schwerpunkt Berlinale
Wes Anderson

ARTIKEL ZUM THEMA

Leiterin über neues Filmstudio: „Testdrehs in vier Wochen“

Ein Filmstudio für Lübeck: „Exvoli“-Leiterin Lucca Grzywatz über Engpässe in Hamburg, nahe skandinavische Märkte und ressourcenschonende, faire Sets.

Doku über geraubte Kunstschätze: Die wahren Akteure

George Clooneys Film „The Monuments Men“ hat wenig mit den Tatsachen gemein. Näher an der Realität ist ein Dokumentarfilm, den Arte zeigt.

Berlinale Staralbum: Mélanie Laurent: Die Stilikone

Mélanie Laurent ist Festivalprofi, trotzdem scheint ihre Lust an der Pointe immer wieder durch. Kann jemand, der so blendend aussieht, auch noch Talent haben?

Berlinale Staralbum: George Clooney: Der Schnurrbart ist ab

Ganz gleich ob rasiert oder bärtig: George Clooney ist ein Charmeur par excellence, der Erwachsene zu Teenagern mutieren lässt.

Berlinale Staralbum: Ivo Pietzcker: So toll, so ehrlich

Er spielt die Hauptfigur in „Jack“ so gut, dass Ivo Pietzcker beim Photo Call Szenenapplaus bekommt. Bravo, kleiner großer Schauspieler.

Berlinale: Was bisher geschah: Alle eine große Familie

Gleich zwei Hollywoodproduzenten sitzen dieses Jahr in der Jury – mit gegensätzlichen künstlerischen Positionen. James Bond gegen Arthouse?

Berlinale Staralbum: Ralph Fiennes: Der kurz Erwachte

Ralph Fiennes ist das neueste Mitglied der Wes-Anderson-Familie – doch auf dem Podium ist von der Noblesse seiner Figur wenig zu spüren.

Eröffnungsfilm der Berlinale: Länder, die wie Wodkamarken klingen

Wes Andersons Tragikomödie „Grand Budapest Hotel“ karikiert den untergegangenen Glanz des alten Europa. Und punktet mit skurrilen Charakteren.

Nachwuchs auf der Berlinale: Von wegen Schülerzeitungsniveau

Horror und schwarze Komödie: Die „Perspektive Deutsches Kino“ präsentiert ein Best-of der Filmakademien, erfreulich international und vielfältig.

Berlinale 2014: Seltsame Zwitterwesen

Mit gesellschaftlich relevanten Themen hausieren gehen und die Ästhetik vernachlässigen? Vielleicht, aber es gibt auch Sex. Ein Ausblick auf die Berlinale.

Retrospektive Berlinale: Licht und Schatten

„The Aesthetics of Shadow“: Über Beleuchtung in japanischen, amerikanischen und europäischen Filmen aus den ersten Jahrzehnten des Kinos.

Berlinale-Preisträger ohne Asyl: Verantwortung für die, die da waren

2013 war er Festivalstar, 2014 im Flüchtlingsheim. Das Schicksal des bosnischen Laiendarstellers Nazif Mujic erregt vor der Berlinale die Gemüter.

So wird die Berlinale: Die Clooney-Frage

Die Macher der 64. Filmfestspiele in Berlin stellen ganz offiziell das Berlinale-Programm vor. Es leidet unter Kriterienlosigkeit.