taz.de -- Indiens Rodler Shiva Keshavan: Yogastunden für Rodelhilfe

Zum fünften Mal nimmt Shiva Keshavan an olympischen Winterspielen teil. Weil das IOC Indien ausgeschlossen hat, startet er unter der olympischen Fahne.
Bild: Shiva Keshavan bei seinem letzten Olympiaauftritt in Vancouver.

Shiva Keshavan war 16 Jahre alt, als er zum ersten Mal an Olympischen Spielen teilnahm. 1998 stürzte er sich mit seinem Rennschlitten in die olympische Kunsteisbahn von Nagano. Nach vier Läufen rangierte er auf dem 28. Platz und sorgte dafür, dass Indien in den Ergebnislisten der Spiele von Nagano auftauchte. Denn Keshavan war der einzige Inder, der in Japan an den Start ging. 1998 in Salt Lake City kam er wieder als einziger Vertreter seines Landes zu den Spielen; 2006 in Turin und 2010 in Vancouver war er Teil eines indischen Miniaufgebots.

In Sotschi bestreitet er deshalb seine fünften Olympischen Spiele. Gerne wäre er wieder für Indien an den Start gegangen, hätte nur allzu gern die Fahne seines Landes zur Eröffnungsfeier am Freitag getragen. Doch das IOC hat Indien aus der olympischen Gemeinschaft ausgeschlossen. Keshavan wird wie zwei alpine Skifahrer aus Indien als staatenloser Athlet unter der Fahne mit dem fünf Ringen starten.

Die korrupte Führung des Verbands sollte vor den Spielen von Sotschi durch neu gewählte Funktionäre ersetzt werden. Doch das Indische Olympische Komitee war nicht in der Lage, die Wahlen vor dem 7. Februar durchzuführen. „Wenn ich nicht für mein Land starten darf, dann starte ich eben für meine Landsleute“, sagt Keshavan, der viel lieber über seine Leidenschaft für das Rodeln spricht als über sein nationales olympisches Komitee, von dem er in diesem Jahr keine Unterstützung erhalten hat. Eine Crowdfunding-Kampagne hat dem Mann aus dem Himalaja die teure Schlittensaison erst ermöglicht.

Und die ist alles andere als optimal verlaufen. Er hatte nämlich Probleme mit seinem Schlitten. In seinem Blog schreibt er, wie andere Nationen an ihren Schlitten arbeiten, berichtet davon, wie Porsche zusammen mit der deutschen Rodellegende Georg Hackl einst an der Windschnittigkeit gearbeitet hat, schwärmt von der Arbeit des Chemieriesen Dow Chemical, der die Schlitten der Rodler aus den USA optimiert, und träumt von stärkerem Engagement der indischen Wirtschaft für den Wintersport.

Keshavan, in dessen Heimat es keine Kunsteisbahn gibt, muss alleine an seinem Sportgerät herumbasteln. Dabei unterstützen ihn die Trainer des US-Teams, mit dem Keshavan von Bahn zu Bahn zieht. Dafür arbeitet der 32-Jährige für die Rodler aus den Staaten als Yogacoach. In den letzten Tests hat sein Schlitten noch nicht so richtig funktioniert. Er hofft dennoch, seine beste olympische Platzierung nun toppen zu können. 2006 in Turin war er 25. Am Samstag geht er in den Eiskanal von Krasnaja Poljana.

6 Feb 2014

AUTOREN

Andreas Rüttenauer

TAGS

Sotschi 2014
Rodeln
Indien
IOC
Sotschi 2014
Sotschi 2014
Sotschi 2014
Sotschi 2014
Sotschi 2014
Streitkräfte
Olympische Winterspiele 2022
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024

ARTIKEL ZUM THEMA

Britin Yarnold vor Gold im Skeleton: Furchtlose Bauchrutscherin

Die Britin Elizabeth Yarnold steht vor Gold. Sie führt die Serie von Erfolgen ihres Landes im Skeleton fort – trotz schlechter Trainingsbedingungen.

Sotschi 2014 – Rodeln, Einsitzer: Skifahren war ihr zu langsam

Alex Gough scheint als Einzige fähig, die deutsche Dominanz im Frauenrennrodeln zu brechen. Bereits 2011 gelang der Kanadierin dieses Kunststück.

Ski-Freestyle in Sotschi: Ein Kreuzbandriss als Glücksfall

Die Freeskierin Sabrina Cakmakli tritt in Sotschi als einzige Deutsche in der Disziplin „Halfpipe“ an. Die Unterstützung durch den Verband ist dürftig.

Zehn sportliche Hingucker: Unsere Stars für Sotschi

Vaterlandsverräter, tierliebende Mädchen, Unaufregbare und Rebellen: Das taz-Sotschi-Team stellt seine Goldkandidaten der Winterspiele vor.

Trendsport in Sotschi: Saltos bis der Arzt kommt

Die Leistungsentwicklung im Ski-Freestyle und Snowboard ist enorm. Die Folge sind spektakuläre Sprünge – aber auch schwere Stürze.

Wintersportler im Staatsdienst: Uniform und sorgenfrei

Deutschlands Wintersportler werden fast ausschließlich von der Bundeswehr, dem Zoll oder der Polizei gefördert. Aber wie sieht es bei der Konkurrenz aus?

Arte-Doku über Winterspiele in Sotschi: Straßen aus purem Gold

Die Doku „Putins Spiele“ zeigt ein korruptes Spektakel – inklusive Enteignungen und Umweltsünden. Die beste Olympia-Vorbereitung.

Olympische Ideologie: Frömmelnde Muskelprotze

Die Olympia-Welt hebt sich auf den Sockel moralischer Überlegenheit. Weil ihre Leitmotive überholt und verlogen sind, feiert die Heuchelei fröhliche Urständ.