taz.de -- Zeugin im NSU-Prozess: Kameradschaftshilfe fürs Trio

Im NSU-Prozess sagt Mandy S. aus, die dem Trio um Beate Zschäpe einst Unterschlupf gewährte. Selbst aus der Szene stammend, half die Zeugin auch bei Behördengängen.
Bild: Die Zeugin sagte aus, Beate Zschäpe (im Bild) auch mit einer Versicherungskarte für einen Arzt-Besuch ausgeholfen zu haben.

MÜNCHEN dpa | Eine frühere Rechtsextremistin, die dem Neonazi-Trio um Beate Zschäpe einst beim Untertauchen geholfen haben soll, hat am Mittwoch als Zeugin im Münchner NSU-Prozess ausgesagt. Die heute 38-jährige Mandy S., gegen die noch immer ein Ermittlungsverfahren läuft, berichtete vor dem Oberlandesgericht ausführlich, wie sie und ihr damaliger Freund im Frühjahr 1998 drei „Kameraden“ Unterschlupf gewährt hätten – in der Wohnung des Ex-Partners.

„Ich wusste nicht, wer es ist, ich wusste nicht, um was es geht“, sagte S. über das Trio und betonte: „Es war einfach ein Gedanke der Kameradschaftshilfe.“

S. berichtete, ein Bekannter habe damals bei ihr an der Tür geklingelt und gefragt, ob sie drei Leute bei sich aufnehmen könnte. Die bräuchten einen Schlafplatz, die hätten „Scheiße gebaut“. Da sei sie auf die Idee gekommen, die Wohnung ihres Freundes, der damals bei ihr gewohnt habe, dafür zur Verfügung zu stellen.

„Ich selber stand auch schon zweimal auf der Straße und war froh, dass ich wo unterkommen konnte“, sagte S. – die offen einräumte, damals selbst Mitglied der Neonazi-Szene gewesen zu sein. „Ich hab' mir den Kopf rasiert.“ Sie habe zudem Bomberjacke und Springerstiefel getragen.

S. räumte zudem ein, den dreien damals mehrfach behilflich gewesen zu sein. Einmal, als es der Frau schlecht gegangen sei, habe sie ihr ihre Versicherungskarte zur Verfügung gestellt, damit sie zum Arzt gehen konnte. „Es ist ja Versicherungsbetrug, das war mir bewusst“, sagte sie. Ein andermal habe sie auf Bitten des Trios einen Ausweis auf dem Amt abgeholt – mit einem Foto von einem der beiden untergetauchten Männer, aber mit falschem Namen und falschen Daten.

26 Feb 2014

TAGS

Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
NSU-Prozess
Prozess
Beate Zschäpe
Schwerpunkt Rechter Terror
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
Schwerpunkt Rechter Terror
Schwerpunkt Rechter Terror
Corelli
Theater
Prozess
NSU-Prozess
Rechtsextremismus
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
NSU-Prozess
NSU-Prozess
NSU-Prozess
NSU-Prozess

ARTIKEL ZUM THEMA

NSU-Terror in Deutschland: Immer schussbereit

Banküberfälle sicherten dem NSU das Leben im Untergrund. Wo Teile der Beute abgeblieben sind, ist bis heute noch unklar.

NSU-Prozess in München: Enrico T. erinnert sich nicht

Der mutmaßliche Beschaffer der Tatwaffe der NSU-Terroristen, Enrico T., fühlt sich zu Unrecht verdächtigt.

Ex-Verfassungsschützer im NSU-Prozess: „Ich glaube Dir überhaupt nicht“

Der Vater des ermordeten Halit Yozgat bezichtigte Andreas T. offen der Lüge. Was sah dieser im Internetcafé der türkischen Familie? Erneut geriet T. in Erklärungsnot.

Das Amt nannte ihn Corelli: Tod eines deutschen Topspitzels

Er galt als ein Bestverdiener unter den V-Leuten. Nun starb Thomas R. – angeblich an unerkannter Diabetes. Sein Verhältnis zum NSU bleibt ungeklärt.

Stück zum NSU im Residenztheater: Hatten Sie eine Lebensversicherung?

Christine Umpfenbach ergreift mit ihrem Stück „Urteile“ am Münchner Residenztheater Partei für die Opfer des NSU-Terrors. Ein Abend eindringlicher Emotionen.

Zwischenbilanz zum NSU-Prozess: Wegdrehen und schweigen

Am Dienstag verhandelt das Oberlandesgericht München zum 100. Mal die NSU-Mordserie. Ein Jahrhundertprozess – ohne absehbares Ende.

NSU-Prozess in München: Die Frage nach dem Tatwerkzeug

Woher stammt die Schusswaffe, mit der Böhnhardt und Mundlos neun Menschen töteten? Ein Zeuge sollte zur Klärung beitragen, zog aber zurück.

NSU-Prozess in München: Justitia geht schlafen

Seit fast einem Jahr läuft der NSU-Prozess. Der Aufklärungswille des Gerichtes scheint zu erlahmen. Die Nebenkläger sind empört.

NSU-Mord an Mehmet Turgut in Rostock: Gedenken demontieren

Zehn Jahre nach dem NSU-Mord an Mehmet Turgut wird in Rostock ein Denkmal eingeweiht. Praktisch: Eine mögliche Entsorgung ist schon eingeplant.

Böhnhardts Vater im NSU-Prozess: Nichts hören, nichts merken

Dass sich sein Sohn zu einem gewaltbereiten Neonazi entwickelte, will Vater Böhnhardt nicht gemerkt haben. Vor Gericht berichtet er zudem von Treffen mit dem Trio.

NSU-Prozess in München: Die „kleine Schwester“ schweigt

Die engste Freundin der Hauptangeklagten Beate Zschäpe verweigert die Aussage. Keine Überraschung: Gegen sie wird noch ermittelt.

NSU-Prozess in München: „Mein Kopf ist wie eine Landkarte“

Der Polizist, der das Attentat von Heilbronn überlebte, sagt im NSU-Prozess aus. An die Tat erinnert er sich kaum. Er leidet aber bis heute an den Folgen.

NSU-Prozess in München: Das Rätsel von Heilbronn

Der Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter wirft weiter viele Fragen auf. Kann ein überlebender Polizist die Antworten liefern?