taz.de -- Post-Oranienplatz: Eine menschliche Lösung

Berlin macht Hamburg vor, welche Möglichkeiten Stadtstaaten in der Flüchtlingspolitik haben.
Bild: Essen und ein Dach überm Kopf: die ehemaligen Flüchtlinge vor ihrer Abfahrt in die neue Bleibe am Ostkreuz.

Berlin zeigt, welche Möglichkeiten eine Stadt in der Flüchtlingspolitik hat. Die Landespolitik kann zwar das Arbeitsverbot nicht abschaffen – das könnte nur der Bund. Berlin kann auch die Dublin-III-Verordnung der Europäischen Union nicht neu fassen oder die Residenzpflicht abschaffen. Aber eine Stadt kann durchaus etwas entscheiden: Und zwar, ob sie ihre Flüchtlinge wie Menschen behandeln will oder nicht.

Das zeigt sich vor allem beim direkten Vergleich mit dem Stadtstaat Hamburg. Der dortige, übrigens von der SPD allein gestellte Senat lehnt es ab, den Lampedusa-Flüchtlingen in irgendeiner Form zu helfen oder auch nur mit ihnen über ihre Forderungen zu reden. Sie bekommen dort kein Dach über dem Kopf, kein Geld, keine Lebensmittel und bei Krankheit auch keine Medikamente.

Wenn es nach dem Hamburger Senat ginge, würden die Flüchtlinge auf der Straße verhungern. Sie können nur dank der privaten Hilfe von Kirchen und Unterstützern überleben. Die Polizei kontrolliert gezielt dunkelhäutige Menschen, um Flüchtlinge ohne Aufenthaltsrecht zu finden und abzuschieben.

Berlin zeigt, dass es besser geht. Dass man mit Flüchtlingen über ihre Rechte verhandeln kann. Dass sie im öffentlichen Raum präsent sein dürfen, sogar einen Platz besetzen können. Dass man, selbst wenn man für die meisten Forderungen nicht zuständig ist, trotzdem miteinander reden und zumindest für die existenziellsten Fragen eine Lösung finden kann. Eine Unterkunft mit einem festen Dach, durch das es nicht hereinregnet. Ein Zimmer mit Bett und Matratze. Essen, Toiletten, Heizung, Duschen.

Das klingt so selbstverständlich. Aber das ist es leider nicht.

10 Apr 2014

AUTOREN

Sebastian Heiser

TAGS

Oranienplatz
Räumung
Senat
Hamburg
Flüchtlinge
Flüchtlingslager
Oranienplatz
Flüchtlinge
Flüchtlinge
Oranienplatz
Oranienplatz
Flüchtlinge
Berlin
Asylpolitik
Polizei Berlin

ARTIKEL ZUM THEMA

Flüchtlinge in Berlin: Blitzregistrierung verblüfft Bezirk

Beim Umgang mit den Flüchtlingen vom Oranienplatz und der besetzten Schule hält der Senat viele Zusagen nicht ein.

Ein Jahr Hilfe für Lampedusa-Flüchtlinge: Mehr als eine Küche

Im Zongo, einem auch „Kitchen“ genannten Ort in Altona, gibt es kostenloses Essen, Kleidung und Unterhaltung für alle afrikanischen Flüchtlinge in der Stadt.

Baumbesetzerin am Berliner Oranienplatz: Napuli verlässt Platane

Das Flüchtlingscamp im Berliner Bezirk Kreuzberg ist seit Tagen geräumt, nun ging auch die letzte Demonstrantin: Sie kletterte freiwillig vom Baum.

Protest auf dem Oranienplatz: Der Platz bleibt politisch

Sechs Flüchtlinge sind auf dem geräumten Kreuzberger Oranienplatz in den Hungerstreik getreten. Sie fordern neue Verhandlungen.

Flüchtlinge vom Kreuzberger Camp: Endlich ohne Angst ausschlafen

Der Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg ist geräumt. Die einstigen Besetzer fühlen sich in ihrer neuen Bleibe am Ostkreuz wohl.

Kreuzberger Flüchtlingscamp: Der Oranienplatz ist Geschichte

Am Tag eins nach dem Abbau des Camps ist klar: Eine Neubesetzung werden Polizei und Bezirk nicht zulassen. Drei Flüchtlinge setzen den Protest auf einem Baum fort.

Flüchtlinge: Erst mal einen Joint

Was wird nach der Räumung des Oranienplatzes aus den Bewohnern der besetzten Schule in Kreuzberg?

Grüne Bürgermeisterin zum O-Platz: „Eine neue Besetzung dulden wir nicht“

Die Kreuzberger Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann erklärt, warum sie die Polizei rief und wie es auf dem Oranienplatz weitergehen soll.

Nach der O-Platz-Räumung: Tanz durch Kreuzberg

Nach der Räumung des Oranienplatzes zieht am Abend eine wütende Menschenmenge durch Kreuzberg. Am Morgen darauf ist alles wieder ruhig.

Flüchtlingscamp in Berlin-Kreuzberg: Junge Union feiert die Räumung

„Danke Frank!“, ruft die Junge Union Berlin. CDU-Innensenator Henkel hatte sich für die Räumung des Flüchtlingscamps starkgemacht.

Flüchtlingscampräumung Oranienplatz: Viele gehen, einer bleibt

Am Dienstag wurde das Flüchtlingscamp am Oranienplatz in Berlin geräumt. Am Mittwoch sind die Refugees fort – aber einer hält die Stellung.

Flüchtlingscamp in Berlin-Kreuzberg: Krieg den Hütten

„Wir haben sie gebaut, wir reißen die Hütten auch wieder ab“, sagt ein Flüchtling. Doch nicht alle geben das Camp freiwillig auf – nun wurde es geräumt.

Flüchtlingscamp in Berlin-Kreuzberg: Zeltabbruch mit Kampfszenen

Der von Flüchtlingen besetzte Oranienplatz wurde am Dienstag geräumt – unter Protest. Am Nachmittag umstellte die Polizei die Fläche.