taz.de -- Kommentar Frühverrentung: Nahles bestechend konstruktiv
Die Bundesarbeitsministerin will eine Welle der Frühverrentungen verhindern. Und zwingt Arbeitnehmer und Arbeitgeber zur Zusammenarbeit.
Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles’ (SPD) Idee, wie eine Frühverrentungswelle verhindert werden kann, ist doppelt bestechend. Sie ist praxistauglich. Und sie bringt die Wirtschaft unter Bekenntniszwang. Klar ist: Die Rente mit 63 wird kommen. Wenn aber die Arbeitgeber in Sorge um ihre Fachkräfte zu viele Frühverrentungen konstruktiv mitverhindern wollen, können sie Nahles’ Vorschlag kaum ablehnen.
Eine gängige Erzählung lautet: Die Reform führt dazu, dass viele Arbeitnehmer freiwillig bereits mit 61 Jahren aussteigen und die Zeit bis zur Rente mit Arbeitslosengeld überbrücken. Diese Debatte krankt unter anderem daran, dass sie den Blick auf die Beschäftigten als allein handelnde Akteure verengt. Ihnen sollen – zum Teil rechtlich zweifelhafte – Hindernisse in den Weg gelegt werden, damit sie nicht vor 63 den Beruf aufgeben.
Zu einer Frühverrentung gehören aber zwei: Beschäftigter und Chef. Und längst nicht alle Chefs wollen Ältere im Betrieb halten. Die Reform wird so zu einer willkommenen Möglichkeit, vermeintlich unproduktivere, aber oft teurere ältere Mitarbeiter kostengünstig loszuwerden.
Nahles’ Vorschlag schlägt da zwei Fliegen mit einer Klappe. Indem die Unternehmer mit in die Pflicht genommen werden, bei vorzeitigen Entlassungen Sozialversicherungsbeiträge zu erstatten, sinken die Anreize für sie, Beschäftigte aus dem Betrieb zu drängen.
Vor allem aber zwingt es Arbeitnehmer und Arbeitgeber zur konstruktiven Zusammenarbeit. Denn wenn eine Verrentung vor 63 beide etwas kostet – den einen Einkommenseinbußen über den Bezug von Arbeitslosengeld, den anderen Erstattungsbeiträge an die Sozialkasse –, ist der Anreiz am größten, gemeinsam nach Lösungen zu suchen, um eine Frühverrentung zu verhindern. Und das will auch die Wirtschaft.
13 Apr 2014
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