taz.de -- Bericht von Amnesty International: „Unvorstellbares Leid“ im Südsudan

Es ist ein schockierendes Zeugnis: Mord, Gewalt gegen Kinder und sogar die Vergewaltigung von Schwangeren seien im Südsudan an der Tagesordnung.
Bild: Die Blauhelmsoldaten müssten sich auf den Schutz von Zivilisten konzentrieren, fordert Amnesty International.

JUBA dpa | Trotz aller internationalen Friedensbemühungen begehen die Konfliktparteien im Südsudan nach Berichten von Menschenrechtlern weiterhin schreckliche Gräueltaten an der Zivilbevölkerung. Bei den ethnisch motivierten Attacken handele es sich um unfassbar brutale Verbrechen gegen die Menschlichkeit, [1][warnte die Organisation Amnesty International in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht]. „Kinder und schwangere Frauen wurden vergewaltigt und alte, hilflose Menschen in ihren Krankenhausbetten erschossen“, heißt es in dem Dokument.

Amnesty-Mitarbeiter hatten zuvor mit zahlreichen direkt von der Gewalt betroffenen Zivilisten über deren Erlebnisse gesprochen. Sie hatten unter anderem die seit Monaten umkämpften Städte Bor, Bentiu und Malakal besucht. Regierungstruppen und Milizen der Opposition wollen sich dort die Kontrolle über die Ölfelder sichern.

„Zivilisten wurden systematisch angegriffen, in Städten und Dörfern, in ihren Häusern, in Kirchen, Moscheen, Krankenhäusern und auf UN-Gelände, wo sie Zuflucht gesucht hatten“, so der Bericht. „Unsere Experten haben an manchen dieser Orte Skelette und verwesende Leichen gefunden, die von Hunden gefressen wurden.“ Zudem seien Massengräber mit Hunderten Toten entdeckt worden.

In dem ostafrikanischen Land tobt seit Mitte Dezember ein blutiger Konflikt. Auslöser war ein Machtkampf zwischen Präsident Salva Kiir und seinem ehemaligen Stellvertreter Riek Machar. Die Politiker gehören verschiedenen Volksgruppen an. Obwohl beide zugestimmt haben, in den kommenden Tagen zu direkten Friedensgesprächen in die äthiopische Hauptstadt Addis Abeba zu reisen, geht die Gewalt unvermindert weiter.

Mehr als eine Million Menschen auf der Flucht

Die Amnesty-Vizedirektorin für Afrika, Michelle Kagari, sprach von „unvorstellbarem Leid“ der Menschen in dem erst 2011 nach jahrzehntelangem Bürgerkrieg unabhängig gewordenen Land. Beide Seiten hätten die grundlegendsten Prinzipien internationalen Menschenrechts völlig missachtet.

Eine Frau erzählte den Amnesty-Mitarbeitern, sie sei mit 17 weiteren Frauen von Regierungssoldaten vergewaltigt worden. „Ich war im dritten Monat schwanger, aber weil so viele Männer in mich eindrangen, habe ich das Kind verloren.“ Sie fügte hinzu, sie sei von neun Männern missbraucht worden. „Sieben Frauen, die sich weigerten, vergewaltigt zu werden, führten die Soldaten große Holzstäbe in die Vagina ein. Sie sind alle gestorben.“Amnesty International forderte, dass sich die Blauhelmsoldaten der UN-Mission UNMISS mehr auf den Schutz von Zivilisten und Ermittlungen gegen die Verantwortlichen der Massaker konzentrieren sollten.

Amnesty International forderte, dass sich die Blauhelmsoldaten der UN-Mission UNMISS mehr auf den Schutz von Zivilisten und Ermittlungen gegen die Verantwortlichen der Massaker konzentrieren sollten. Zudem müsse der Zugang zu humanitärer Hilfe für die Notleidenden gesichert werden. Im Südsudan wurden bisher mehr als eine Million Menschen vertrieben. Viele haben durch die Gewalt alles verloren.

8 May 2014

LINKS

[1] http://www.amnesty.org/en/library/asset/AFR65/003/2014/en/3f5822f7-8594-4a64-a6c8-3ece02be1eca/afr650032014en.pdf

TAGS

Südsudan
Salva Kiir
Amnesty International
Menschenrechte
Sudanesische Flüchtlinge
Südsudan
Südsudan
Südsudan
Südsudan
John Kerry
Südsudan

ARTIKEL ZUM THEMA

Regierung gegen Rebellen: Der vergessene Krieg im Sudan

Von der Welt ignoriert, tobt in einer entlegenen Region des Sudan ein blutiger Konflikt. Zehntausende müssen aus den Nuba-Bergen fliehen.

Bürgerkrieg in Südsudan: In der nassen Hölle

Seit einem Dreivierteljahr tobt der Bürgerkrieg im Südsudan. Millionen Menschen sind auf der Flucht – und Frieden ist nicht in Sicht.

Ende der Kämpfe im Südsudan: Waffenstillstand vereinbart

Präsident Kiir und Rebellenführer Machar haben ein Abkommen unterzeichnet, das die Kämpfe im Südsudan vorerst beendet. Zudem sollen Neuwahlen stattfinden.

Krise im Südsudan: US-Außenminster droht Kämpfern

Die Krise im Südsudan spitzt sich zu. US-Außenminister John Kerry warnt vor einem Völkermord. Die UNO sieht Parallelen zum Genozid in Ruanda 1994.

Kämpfe im Südsudan: Wo Aggression nötig ist

Die USA haben ostafrikanische Staaten dazu aufgerufen, schnell Friedenstruppen zu entsenden. Äthiopien, Kenia und Uganda sind zum militärischen Eingreifen bereit.

Nach dem Massaker im Südsudan: Leichenberg und Sonnenschein

Pünktlich zur Eskalation im Südsudan kommt US-Außenminister Kerry zum Friedensverhandlungsort Äthiopien.

Kommentar Gewalt im Südsudan: Gespräche werden nicht helfen

Die Gewalt im Südsudan eskaliert, Opfer sind meist Zivilisten. Doch die UN sieht weiter zu, dabei kommt jetzt noch eine Hungersnot hinzu.