taz.de -- Parteitag der Berliner SPD: Parteichef Stöß darf weitermachen
Die eigene Partei im Umfragetief, der Regierende unbeliebt. All das thematisierte Jan Stöß nicht. Wiedergewählt wird er dennoch. Aber nicht mit einem Traumergebnis.
BERLIN taz | Jan Stöß bleibt SPD-Landeschef von Berlin. Am Samstag wurde er auf einem Parteitag mit 68,7 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Eigentlich ist das gar keine Nachricht, denn es gab keinen Gegenkandidaten. Aber die zerstrittene Partei hatte im Vorfeld alles dafür getan, dass die Wiederwahl des seit zwei Jahren amtierenden Chefs eine News wurde.
Zwei Wochen lang war im April über eine mögliche Kampfkandidatur des SPD-Fraktionschefs Raed Saleh öffentlich diskutiert worden. Lediglich Saleh selbst beteiligte sich nicht an der Debatte und fuhr in Urlaub – bis er schließlich erklärte, dass er nicht antreten werde. Was der Fraktionschef in dieser Zeit genau gemacht hat, ob er die möglichen Stimmen zählte, ist unklar.
In den Tagen vor dem Parteitag wurden zudem zwei Meinungsumfragen veröffentlicht, die zeigten, was die Berliner von der seit mehr als 20 Jahren regierenden Partei halten. Danach liegt sie – wenn am Sonntag Abgeordnetenhauswahl wäre – deutlich hinter ihrem Koalitionspartner CDU zurück: Derzeit rangiert die SPD bei 23 bis 24 Prozent, die CDU bei 28 bis 30 Prozent. Und selbst SPD-Wähler wünschen sich, so die zweite Erhebung, überwiegend einen anderen Regierenden Bürgermeister als Klaus Wowereit nach der nächsten Wahl. Dem Regierenden hängt unter anderem das Debakel um den Pannenflughafen BER an.
In seiner knapp 50-minütigen Rede vor der Wahl war Stöß auf die Debatte um die letztlich abgesagte Kampfkandidatur, die Umfragen und andere Probleme der SPD mit keinem Wort eingegangen. Stattdessen setzte er auf Optimismus, forderte Geschlossenheit, lobte vom Regierenden über die Abgeordneten bis hin zu den Parteiaktivisten in den Bezirken alle mit einem SPD-Parteibuch, und richtete den Blick nach vorn, auf die Abgeordnetenhauswahl 2016. „Wir werden alles dafür tun, 2016 wieder stärkste Partei in Berlin zu werden“, rief Stöß den 235 Delegierten zu.
Offensichtlich war das zu wenig, um den Delegierten ein klares Zeichen der Geschlossenheit abzuringen. Fast ein Viertel stimmte gegen Stöß; die von Fraktionschef Saleh im [1][Interview mit der taz] abgegebene Prognose von „deutlich über 80 Prozent“ für Stöß wurden ebenso deutlich verfehlt. Der alte und neue Parteichef nahm das Ergebnis reichlich nüchtern hin.
17 May 2014
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