taz.de -- Runder Tisch zur Ukraine: Wieder nichts
Können die Separatisten in der Ukraine von der Regierung ignoriert werden oder nicht? Darüber wurde beim Runden Tisch gestritten. Weitergekommen ist man nicht.
KIEW ap | Auch der zweite Runde Tisch in der Ukraine hat die schwere politische Krise nicht merklich entschärft. Teilnehmer aus der Ostukraine kritisierten die Kiewer Zentralregierung scharf und verlangten ein Ende des Militäreinsatzes in der Region. Ministerpräsident Arseni Jazenjuk forderte seinerseits Unterstützung gegen die bewaffneten Aufständischen ein. Nahe Slawjansk gab es erneut Schießereien.
Die Kiewer Regierung hatte die Runden Tische am Mittwoch begonnen, um eine Lösung für die tiefe politische Krise des Landes zu finden. Nicht vertreten sind jedoch die Aufständischen, die Teile der Ostukraine unter ihrer Kontrolle halten. Die Zentralregierung bezeichnet sie als Terroristen und geht militärisch gegen sie vor.
Der kommunistische Abgeordnete Alexander Bandurka kritisierte bei dem dreistündigen Runden Tisch die Teilnehmerauswahl. „Wir reden nicht mit denen, die gegen uns sind“, sagte er. „Wir können sie nicht ignorieren.“ Der ehemalige Präsident Leonid Krawtschuk wies dies als Gesprächsleiter zurück. „Niemand auf der Welt redet mit Killern und Terroristen“, sagte er.
Diese Woche hatten sich die Regionen Donezk und Lugansk nach Referenden unabhängig erklärt. Dazu sagte Walery Holenko, der Chef der Regionalverwaltung von Lugansk, die Volksabstimmungen hätten zwar rechtlich keine Konsequenz, zeigten aber doch den Willen der Menschen und dürften nicht ignoriert werden. „Die Menschen gingen wirklich massenhaft zum Referendum“, sagte Holenko. „Das war ein Protestvotum.“
Bewaffneten Männern entgegenstellen
Die von der Regierung versprochene Verlagerung von Kompetenzen aus Kiew in die Regionen genüge nicht mehr. Als ersten Schritt auf die Ostukraine zu müsse die Regierung ihre „antiterroristische Operation“ im Osten stoppen, verlangte er.
Regierungsvertreter gingen auf diese Forderung nicht näher ein. Regierungschef Jazenjuk forderte die Vertreter der Ostukraine auf, sich den bewaffneten Männern entgegenzustellen. Zudem warb er für den Plan der Regierung zur Übertragung von Rechten an die Regionen.
In der Nähe der Stadt Slawjansk – einer Hochburg der bewaffneten Separatisten – kam es in der Nacht zum Samstag erneut zu Gefechten. Regierungstruppen hätten einen Fernsehturm nahe des Dorfs Andrjiwka beschützt, berichteten Einwohner. Am nächsten Morgen waren in der Nähe Trümmer, ein zerstörter Zug und Krater von Mörsergranaten zu sehen.
Das russische Außenministerium meldete mehrere Verwundete, nannte aber keine Details. Es verurteilte die Eskalation der Gewalt scharf und warf der ukrainischen Regierung vor, den Runden Tisch als Deckmantel für weitere Militäraktionen gegen die eigenen Bürger zu verwenden.
Nach einem von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa vorgelegten Plan zur Entschärfung des Konflikts sind alle Seiten aufgerufen, Gewalt, Einschüchterung und Provokationen zu unterlassen. Die prorussischen Aufständischen sollen die besetzten Gebäude verlassen und die Waffen abgegeben. Im Gegenzug soll ihnen Straffreiheit gewährt werden.
17 May 2014
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Auf Anordnung des russischen Präsidenten sollen nahe der Grenze zur Ukraine stationierte Truppen in ihre Kasernen zurückkehren. Zuvor gab es Kritik aus dem Westen.
Der russische Menschenrechtler Oleg Orlow über die Militäroperationen in der Ostukraine, die Fehler der Kiewer Machthaber und Putins Pläne.
Erstmals treffen sich politische Akteure und Diplomaten im Osten der Ukraine. Die Separatisten sind nicht dabei. An Deutschland hat die Ukraine besondere Erwartungen.
Der reichste Mann der Ukraine bewegte die Separatisten in Mariupol zum Abzug. Er fürchtet wirtschaftlichen Schaden, sollte sich die Region Russland anschließen.
Zwischen Milosevic und Putin gibt es Ähnlichkeiten. Auch seine Politik richtet sich gegen multikulturelle Toleranz und unabhängige soziale Bewegungen.
Jetzt soll der ehemalige Staatspräsident Leonid Krawtschuk in der Ukraine vermitteln. Die Moskautreuen in der Ostukraine drohen mit einem härteren Militäreinsatz.
Die Bürger von Lwiw unterstützen den Oligarchen Poroschenko. Das Blutvergießen in der Ostukraine wird dort als schlimmer, aber lösbarer Konflikt gesehen.