taz.de -- Die Wahrheit: Baggerparabel
Donnerstag ist Gedichtetag auf der Wahrheit. Heute darf sich die Leserschaft an einem Poem über einen Bagger erfreuen.
Hier durchs Hügelland
schnürt mein Fahrrad wacker.
Vorn da dröhnt konstant
drehzahlstur ein Bagger.
Los, den fang ich mir!
Schon türmt steil als Wand sich
Baggers Heckteil hier
vor mir. Er fährt zwanzig.
Seinen festen Trott
brummt er mit Konstanz. Ich
fahr sonst meistens flott.
Nunmehr fahr ich zwanzig.
Fahrtwind, Gegenwind
schweigen. Hier verschanz ich
mich und rolle blind
mühelos mit zwanzig.
Doch dies Einerlei
nervt schon bald. Nun reiß ich
aus, ich zieh vorbei
volles Rohr mit dreißig.
Strample, was ich kann.
Komm schon beinah bei der
Baggerschaufel an –
plötzlich geht’s nicht weiter.
Gegenwind bläht auf,
mault nach Lust und Neigung.
Und dem Straßenlauf
passt just jetzt ’ne Steigung.
Steten Baggerspeed
schaff ich nicht mehr ganz. Ich
fall zurück, er zieht
vorneweg mit zwanzig.
Wind quält mich, ihn nicht.
Eine Spanne spannt sich
zwischen uns, er bricht
aus, rennt weg mit zwanzig.
Fern schon seh ich ihn,
Sieg und Lorbeerkranz sich
einzuheimsen, fliehn
mit rasanten zwanzig.
Spöttisch blinkt er noch –
klar, das dient zur Mahnung.
Klar, ich lern draus. Doch
was nur? Keine Ahnung.
19 Jun 2014
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