taz.de -- Buchpräsentation von Hillary Clinton: Amüsant, aber ungefährlich

In Berlin erzählt Hillary Clinton Anekdoten aus ihrer Zeit als Außenministerin. Sie selbst bleibt queengleich, ihre Erzählungen oberflächlich.
Bild: Die Ex-Außenministerin bei der Vorstellung ihres Buches „Schwere Entscheidungen“ in Berlin.

BERLIN taz | Ihre Fans haben das Schillertheater in Berlin noch nicht einmal verlassen, da fährt Hillary Rodham Clinton in einer Kolonne schwerer Geländewagen mit getönten Scheiben schon wieder davon. Der Auftritt der Ex-Außenministerin, Ex-Senatorin und Ex-First-Lady am Sonntag hat einen Hauch präsidialen Flairs. Männer in dunklen Anzügen beobachten Bühne wie Zuschauer, das Winken der Clinton ist queengleich, ihre Erzählungen bleiben oberflächlich. Amüsant, aber ungefährlich. Und nein, bei ihrem Auftritt in Deutschland verkündet Clinton erwartbar nicht ihre Kandidatur für die US-Präsidentschaft 2016.

Sollte ihre Lesetour als Auftakt für genau jenes wohl choreographierte Ereignis Anfang nächsten Jahres dienen, muss die Spannung gehalten werden. Und ist es nicht spannend, was Clinton aus ihrer Zeit als Außenministerin erzählt, so ist der Auftritt einer der mächtigsten Frauen der Welt doch kurzweilig und liefert anekdotenhafte Eindrücke in ihre Karriere.

Im Gespräch mit Christoph Amend, Chefredakteur des Zeit-Magazins, zeigt die Amerikanerin Intelligenz und Charme. Amend macht ihr das mit Wohlfühlfragen sehr leicht. Als es um ihren größten Fehler in ihrer Zeit als Außenministerin geht, spricht Clinton ausführlich über das Attentat auf die US-Botschaft in Libyen 2012, bei dem der Botschafter und drei Amerikaner getötet wurden. Dass Clinton nach dem Attentat wochenlang in der Kritik stand, dem Vorwurf ausgesetzt, Informationen verschleiert zu haben, wird nicht thematisiert.

Aber Clinton ist als Privatperson und Autorin ins ausverkaufte Schilllertheater gekommen, um über ihre „schweren Entscheidungen“, so der Buchtitel im Original, zu plaudern. Da redet es sich leichter über ihre Betroffenheit nach dem Tod des Botschafters oder über die Erkundungen und geheimen Treffen vor der Ermordung Osama bin Ladens.

Grenzen der Geheimdienstarbeit

Das alles hat mehr Zuschauernähe und Clinton ist Profi genug, ihrem Publikum zu liefern, was es erwartet. Bei Fragen nach der NSA und dem möglichen Doppelagenten des BND schlägt sie den moderat europäischen Kurs ein, verweist auf die wichtige deutsch-amerikanische Freundschaft und die Notwendigkeit, auch unter den Geheimdiensten zusammenzuarbeiten. „Wo dann die Grenze verläuft ist etwas, worüber wir diskutieren müssen.“ Ein Satz, der auf Lesetour in Ohio oder Florida wohl anders ausfallen würde.

Es hat etwas leichtes, wie Clinton von Libyen über ihr Verhältnis zu Putin bis zu ihrer Freundschaft zu Obama stets den richtigen Ton trifft. Was es nur sei mit ihr und charismatischen Männern, stellt sie selbst eine rhetorische Frage. Denn nicht nur den Antrag ihres Mannes lehnte sie zwei Mal ab, auch die Offerte Obamas, Außenministerin zu werden, schlug sie zwei Mal aus. Um am Ende beides zu werden.

Präsidial, das kann sie

Man begreift, warum Clinton sich selbst als „Durchbrecherin gläserner Decken“ und, unvermeidlich, „Haar-Ikone“ beschreibt. Sie beherrscht die Klaviatur des öffentlichen Auftritts perfekt. Sie scherzt darüber, wie schwer es im Ausland ist, einen guten Friseur zu bekommen um dann zu kritisieren, wie inakzeptabel es sei, dass Frauen in politischen Ämtern immer noch gegen Sexismus kämpfen und auf ihre Äußeres reduziert werden.

All die Anekdoten und Geschichten sind nett, bieten jedoch nicht viel Neues. Es ist ein sicherer Auftritt von Hillary Rodham Clinton. Doch sie deutet mit ihrer ausgeruhten, analytischen Art an, wie sie die Macht im Oval Office ausfüllen würde. Präsidial, das kann sie.

6 Jul 2014

AUTOREN

Rieke Havertz

TAGS

US-Außenpolitik
Hillary Clinton
Lesung
USA
USA
NSA
Hillary Clinton
Frauen in Führungspositionen
USA
USA

ARTIKEL ZUM THEMA

Todesschütze bin Ladens enttarnt: Amerikas neuer Held

Ohne Abfindung im Ruhestand: Ein Navy Seal, der den al-Qaida-Chef erschossen haben soll, bricht den Schweigekodex und geht an die Öffentlichkeit.

Clintons Kritik an Obama: War nicht so gemeint

Ein Telefonat und sogar eine Einladung zu einer Feier am Urlaubsort: Nach harter Kritik an Obamas Außenpolitik versucht Hillary Clinton nun, die Wogen zu glätten.

Transatlantisches Verhältnis: Es bröckelt

Die NSA-Affäre beschädigt die deutsch-amerikanische Beziehung. Ein überbordendes Sicherheitsbedürfnis trifft auf vielleicht übertriebene Sensibilität.

Frauen-Talk bei Jauch: Der liebe Günther und drei Profis

Hillary Clinton zu Gast bei Jauch, dazu noch Ursula von der Leyen und Margot Käßmann. Eine Wohlfühlsendung, die nur ab und zu präzise wird.

Forscherin über Frauen und Macht: „Man muss siegen wollen“

Dass weibliche Politikerinnen weniger Erfolg haben als Männer, sei ein Mythos. Das behauptet zumindest die Forscherin Jennifer Lawless.

Debatte Hillary Clinton als Präsidentin: Soll sie sich das antun?

Was bringt ein Job als Präsidentin für die Emanzipation? In den USA warten alle auf Hillary Clintons Kandidatur. Doch die würde ihr vor allem Ärger einhandeln.

Interview von Obama und Clinton: Und die Kandidatin für 2016 ist ...

Nein, noch hat Hillary Clinton sich nicht ums Weiße Haus beworben. Aber im gemeinsamen TV-Auftritt mit Barack Obama hält sie sich eine Präsidentschaftskandidatur offen.