taz.de -- Erstaufnahme von Flüchtlingen: Zelte als Lösung

Die Innenbehörde will in Harburg Zelte aufstellen, um Flüchtlinge unterzubringen. Eine Notlösung, sagt die Behörde. Der Bezirk ist nicht einverstanden.
Bild: Zelte für Flüchtlinge: Die Innenbehörde will mehr Schlafplätze vor der zentralen Erstaufnahmeeinrichtung in Harburg schaffen

Die Innenbehörde will gegenüber der zentralen Erstaufnahmeeinrichtung (ZEA) in Harburg Zelte für Flüchtlinge aufstellen lassen. Bis zu 90 Menschen sollen in den drei Zelten jeweils unterkommen. In einer Mail hat die Behörde den Fraktionsvorsitzenden der Harburger Bezirksversammlung diesen Vorschlag unterbreitet. Der stößt dort auf wenig Gegenliebe.

Nicht an den Zelten mit den schmalen Etagenfeldbetten mit null Privatsphäre für die Bewohner stören sie sich, sondern am Ort. Der von der Innenbehörde angedachte Neuländer Platz sei ungeeignet. Er werde zu stark von Fußgängern auf dem Weg zum nahen S-Bahnhof Harburg frequentiert. Besser wäre ein Grundstück zwischen Großmoordamm und Umgehungsstraße – also näher dran an zwei sich kreuzende Verkehrsachsen. „Die Plätze im alten Postgebäude sind belegt und wir brauchen kurzfristig eine Lösung“, räumt die Sprecherin des Bezirks Harburg, Bettina Maak, ein.

Die Fraktionsvorsitzende der Linken in der Bezirksversammlung Harburg, Sabine Boeddinghaus, hält beide Gegenvorschläge für ungeeignet. „Es kann einfach nicht angehen, dass weitere Zeltunterbringungen nun die Lösung sein sollen“, sagt sie. „Die Stadt muss leer stehende Gebäude, soweit es ihr irgend möglich ist, prioritär zur Unterbringung von Flüchtlingen nutzen.“

Zelte als Notlösung

Der Sprecher der Innenbehörde, Frank Reschreiter, sagt: „Wir wünschen uns diese Zelte auch nicht.“ Das sei nur eine temporäre Lösung für die warme Jahreszeit. Aber die Kapazitäten der Erstaufnahmeeinrichtungen seien erschöpft. 1.800 Menschen sind derzeit in den Hamburger Ersteinrichtungen, 700 von ihnen länger als die rechtlich vorgesehenen drei Monate. „Diese 700 Menschen hätten von der Sozialbehörde bereits geeignete Folgeunterkünfte bekommen sollen“, sagt Reschreiter.

Die Innenbehörde ist für die Erstaufnahme zuständig, dann wechselt die Verantwortung zur Sozialbehörde, die sich um die weitere Unterbringung kümmert. Eine gute Möglichkeit, den schwarzen Peter weiterzuschieben. Boedding nennt das, was Hamburg macht, Flickschusterei. „Es stimmt, dass die Umstände für die Stadt schwierig sind“, räumt sie ein. Aber die Probleme seien durch frühere Versäumnisse teilweise hausgemacht.

Dass es etwa zu wenig geeignete Folgeunterkünfte gibt, ist nicht neu. Als die Innenbehörde im November 2012 auf dem Parkplatz der Erstaufnahmestelle in der Sportallee Zelte aufstellte, wurde diese Maßnahme als Notlösung verkauft und mit dem Mangel an Sozialwohnungen erklärt. „Es fließt aus den Folgeunterkünften nicht ab, und der Abfluss aus der Erstaufnahme in die Folgeunterkünfte ist ebenfalls schwierig“, sagte der Leiter der Erstaufnahmestelle, Carsten Mahlke, damals der taz.

Dieses Problem besteht nach wie vor. Es wird sich nach der Prognose des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, das dieses Jahr von 30 Prozent mehr Flüchtlingen als 2013 ausgeht, wohl weiter verschärfen. Schon jetzt kommen in Hamburg auf knapp 10.000 Plätze in Folgeunterbringungen rund 25.000 Flüchtlinge, wie der Sprecher der Sozialbehörde, Marcel Schweitzer, sagt.

Eine neue Unterkunft für 600 Menschen ist in Eimsbüttel geplant, liegt aber wegen einer Anwohnerklage auf Eis. Jetzt hat die Sozialbehörde in Hammerbrook erstmals ein Hotel für 160 Flüchtlinge angemietet. Nächste Woche ziehen die Ersten ein.

17 Jul 2014

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Ilka Kreutzträger
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