taz.de -- Kommentar Rote-Khmer-Prozess: Bitterer Beigeschmack

Die beiden letzten Rote-Khmer-Anführer wurden zu lebenslanger Haft verurteilt. Doch das Urteil kann nur bedingt für Gerechtigkeit sorgen.
Bild: Für die Opfer des Terrorregimes ist das Urteil eine Genugtuung.

Es kam wie erwartet: Zwei der einst ranghöchsten Kader der Roten Khmer, Nuon Chea und Khieu Samphan, [1][wurden wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt]. Die Opfer des Terrorregimes dürften prinzipiell Genugtuung empfinden, auch wenn sie über 35 Jahre darauf warten mussten.

Allerdings haftet diesem Urteil ein bitterer Beigeschmack an. Kritiker monieren zu Recht, dass bislang nur eine Handvoll ehemaliger Funktionäre auf der Anklagebank saß – zumal von diesen einer mittlerweile verstarb und eine weitere wegen Demenz für prozessunfähig befunden wurde.

Unwürdig und eine Zumutung für die Opfer war es auch, dass das UN-gestützte Tribunal wiederholt negative Schlagzeilen machte, seit es im Juli 2006 seine Arbeit aufnahm: Neben massiven finanziellen Engpässen gab es vor allem Vorwürfe wegen juristischer Querelen und politischer Einflussnahme.

Zwischen dem Staatsapparat unter Premierminister Hun Sen und den einstigen Roten Khmer herrschen laut Kritikern weiter enge Verbindungen. Hun Sen, einst selbst ein Offizier der Roten Khmer, hatte deutlich gemacht, dass er es nicht dulden werde, den Kreis der Beschuldigten zu erweitern. Vertreter der Anklage aber plädierten dafür, es nicht bei diesen fünf zu belassen. Das wiederum hatte zu schweren Zerwürfnissen innerhalb des Tribunals geführt, so dass diesem das Image anhaftete, eine Farce zu sein, und namhafte Juristen sich zurückzogen.

Kambodschas dunkle Vergangenheit konsequent aufzuarbeiten hieße demnach, auch den hiesigen Machtapparat unter dem Autokraten Hun Sen zu hinterfragen. Das Urteil kann, so wichtig es auch sein mag, nur in einem gewissen Maß für Gerechtigkeit sorgen. Die Wunden ebendieser Vergangenheit heilen kann es nicht.

7 Aug 2014

LINKS

[1] /Urteil-gegen-Rote-Khmer-/!143804/

AUTOREN

Nicola Glass

TAGS

Rote Khmer
Kambodscha
lebenslange Haft
Außenpolitik
Fotografie
Rote Khmer
Rote Khmer
Rote Khmer
Tempel
Tempel

ARTIKEL ZUM THEMA

Rote Khmer in Kambodscha: Horrorregime von Pekings Gnaden

Vor 40 Jahren begannen die Roten Khmer ihren vierjährigen Völkermord. Unterstützt wurden sie von China. Die KP verschleppt die Aufarbeitung.

Ausstellung über die Roten Khmer: Tonfiguren und Terror

Kambodscha befreit sich langsam von der Vergangenheit. „Die Roten Khmer und die Folgen“ bringt die Geschichte des Landes nach Berlin.

Urteil gegen Rote Khmer: Sehr späte Gerechtigkeit

Zwei der ranghöchsten Exfunktionäre der Roten Khmer wurden zu lebenslanger Haft verurteilt. Doch Kritiker sehen eklatante Versäumnisse in der Aufarbeitung.

Völkermord in Kambodscha: Lebenslang für Rote-Khmer-Anführer

Unter den Roten Khmer starben mindestens 1,7 Millionen Menschen. Die letzten beiden Anführer wurden jetzt zu lebenslanger Haft verurteilt.

Debütroman von Vaddey Ratner: Das Mädchen und die Roten Khmer

„Im Schatten des Banyanbaums“ erzählt in einer weisen und zugleich unschuldigen Sprache vom Überleben unter dem kambodschanischen Terrorregime.

Tempelkunde in Kambodscha: Die Horden von Angkor

Wer an eine Reise nach Kambodscha denkt, meint Angkor. Die Tempelanlage zieht massenhaft Touristen an. Dennoch ist es möglich, ihre Magie zu erfahren.

Kambodscha setzt auf Tourismus: Sonnenaufgang mit Strandresort

Bis 2020 soll die Anzahl der Besucher verdoppelt werden. Das Land hat was zu bieten: die Tempel von Angkor und Bootstouren auf dem Mekong.