taz.de -- Staatsorden für ungarischen Literaten: Imre Kertész verteidigt Annahme

Der Nobelpreisträger hat mit dem Empfang der höchsten Auszeichnung Ungarns Kritik geerntet. Er mache sich somit zum Feigenblatt der rechtsnationalen Regierung.
Bild: Der Schriftsteller Imre Kertész.

BUDAPEST dpa | Der ungarische Literatur-Nobelpreisträger Imre Kertész hat die umstrittene Annahme des höchsten Staatsordens seines Landes verteidigt. Der schwer kranke Kertész ließ ausrichten, er habe den Orden des Heiligen Istvan angenommen, weil es notwendig sei, in Ungarn einen „Konsens“ herzustellen. Staatspräsident Janos Ader zeichnete den 84-Jährigen am Mittwoch mit dem Orden aus. Teile des links-liberalen Lagers in Ungarn hatten zuvor kritisiert, dass Kertész die Auszeichnung akzeptiert.

Vertreter der rechtsnationalen Regierung hätten den jüdischstämmigen Schriftsteller immer wieder mit antisemitischen Anspielungen angegriffen. Er mache sich mit der Annahme des Ordens zu einer Art Feigenblatt der rechtsnationalen Regierung.

Deren geplante Feiern zum Holocaust-Gedenkjahr waren zunächst an Kontroversen um die Geschichtsdeutung gescheitert. Ungarns jüdische Verbände werfen der Regierung vor, eine Mitverantwortung Ungarns für den Holocaust verharmlosen zu wollen.

Kertész ließ erwidern, die Annahme des Preises solle „das Verlangen nach Schaffung eines Konsenses und dessen unaufschiebbare Notwendigkeit“ signalisieren. Ader würdigte, Kertész habe „mit anatomischer Präzision“ gezeigt, „was Diktaturen mit der menschlichen Seele anrichten“. Kertész hatte 2002 den Nobelpreis für sein Werk „Roman eines Schicksallosen“ bekommen. Darin verarbeitete er seine Erfahrungen als Häftling im Konzentrationslager Auschwitz.

20 Aug 2014

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