taz.de -- Kommentar Ukraine: Kiew in der Defensive
Die ukrainische „Antiterroraktion“ kann als gescheitert gelten. Poroschenko braucht dringend eine Waffenruhe. Das kommt Putin gerade recht.
Im Osten der Ukraine was Neues? Von wegen! Die Waffenruhe, auf die sich die Präsidenten Russlands und der Ukraine, Wladimir Putin und Petro Poroschenko am Mittwoch angeblich geeinigt hatten, entpuppte sich schnell als Luftnummer. Überraschend ist das nicht. Denn eine solche Vereinbarung wäre ein Eingeständnis Moskaus, in diesem Krieg Konfliktpartei zu sein. Und das streitet der Kreml nach wie vor vehement ab – allen Soldaten und Waffenlieferungen zum Trotz, die von Russland über die Grenze in die Ukraine gelangen.
Und die Rebellen? Sie wollen von einer Waffenruhe so lange nichts wissen, wie die ukrainischen Truppen nicht das Feld räumen. Die Erfüllung dieser Forderung bringt den ukrainischen Staatschef in Bedrängnis. Zwar braucht Poroschenko dringend einen Waffenstillstand, und das umso mehr, als die „Antiterroraktion“ als gescheitert gelten kann. Fraglich ist jedoch, ob er seinen Landsleuten einen kampflosen Rückzug der Armee vermitteln kann.
Wenn jetzt Bundesaußenmister Frank-Walter Steinmeier Moskau und Kiew zur Beendigung der Kampfhandlungen auffordert, weil es auch um die Einheit der Ukraine gehe, dann ist das in der Sache richtig, verkennt aber die Interessen von Putin und Co.
Warum sollte Russland an einer Einheit des Nachbarlandes gelegen sein? Vielmehr könnte der Kreml versucht sein, wie in Transnistrien und Südossetien im Donbass einen latenten Unruheherd zu schaffen. Wenn diese Regionen dann noch mit Vetorechten ausgestattet würden, könnten sie die Politik der ukrainischen Regierung ständig torpedieren. Das hieße, dass die Ukraine auf Jahre nicht zur Ruhe und auf die Beine kommen würde. Keine guten Aussichten für Kiew. Für die EU aber auch nicht.
3 Sep 2014
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