taz.de -- TV-Serie „Downton Abbey“: Keine Chance auf Primetime

Das ZDF versenkt die dritte Staffel der grandiosen Serie „Downton Abbey“ auf einem schlechten Sendeplatz. Mal wieder.
Bild: Maggie Smith erhielt für ihre Rolle als Countess of Grantham in Downton Abbey zwei Emmys.

Vor 13 Jahren ging die bahnbrechende Mafia-Familienserie „Die Sopranos“ im ZDF unter, seitdem ist das Verhältnis des Senders zu den Produktionen der US-amerikanischen Pay-TV- und Kabelsender nachhaltig gestört.

Abseits von Krimiformaten gibt es dort für Fans international gefeierter Serien wenig zu sehen. Auch die fünfte Staffel von „Mad Men“, die im letzten November versuchsweise von ZDFneo ins Hauptprogramm übernommen wurde, lief am späten Freitagabend aus Quotensicht ernüchternd.

Doch nicht nur das ZDF hat das Problem mit den heiß gehandelten Qualitätsserien, die Preise abräumen, DVD-Verkaufsrekorde brechen und illegale Downloads in die Höhe treiben. Auch die anderen Sender tun sich schwer, sie in ihr Programm einzubetten. Die Quoten sind dementsprechend niedrig: Zuletzt bekamen der Emmy-Abräumer „Homeland“, die gefeierte Politthriller-Serie „House Of Cards“ mit Kevin Spacey und die düstere Serienkiller-Fabel „Hannibal“ bei Sat.1 am späten Sonntagabend nur maue Zuschauerzahlen.

Genauso erging es dem Event zur dritten Staffel von „Game Of Thrones“: RTL 2 sendete zehn Folgen an einem einzigen Wochenende. Im Frühjahr zeigte der Sender die vierte Staffel von „Californication“ sogar komplett in einer Nacht, von Donnerstag auf Freitag, bis kurz nach fünf Uhr morgens.

„Binge-Watching“ nennt man das, wenn Zuschauer möglichst viele oder alle Folgen einer Serienstaffel am Stück schauen. Im Internet ist das kein Problem. Wenn Sender das imitieren, scheint es aber nicht zu klappen.

Guter Stoff für's ZDF

Darauf reagiert jetzt auch das ZDF mit der Ausstrahlungspraxis der wunderbaren britisch-amerikanischen Historienserie „Downton Abbey“.

Die von Oscarpreisträger Julian Fellowes grandios geschriebene Serie müsste thematisch für das ZDF-Stammpublikum interessant sein. Sie handelt vom Leben der Bewohner eines nordenglischen Adelsanwesens zu Beginn des 20. Jahrhunderts und zeigt gleichzeitig viel über die Zeit, von technischen Erfindungen bis zu den gesellschaftspolitischen Umwälzungen.

Die Geschichte wird zwar nicht im unsäglich-tranigen Pilcherstil erzählt, dafür aber mit dem Esprit eines Oscar Wilde. Die Feuilletons waren begeistert. Das Guinnessbuch der Rekorde listet sie als „von Kritikern am besten bewertete Fernsehserie“ 2011. Doch die erste beiden Staffeln, die das ZDF in den vergangenen Jahren zur weihnachtlichen Nachmittagszeit jeweils innerhalb weniger Tage ausstrahlte, erhielten wieder zu wenig Zuschauerresonanz. Was also tun?

Nun scheint der Sender eine Lösung gefunden zu haben. Zumindest für die anstehende dritte Staffel von „Downton Abbey“: In den kommenden neun Wochen läuft die Familiensaga im ZDF-Hauptprogramm. Samstags. Um 13.35 Uhr.

„Leider fand dieses besondere Qualitätsprogramm beim Zuschauer gegen starke Feiertagskonkurrenz in der zweiten Staffel nicht mehr den Anklang, den wir uns gewünscht hatten“, erklärt der Sender auf Nachfrage. „Einen etablierten Sendeplatz für derartige Kaufserien gibt es im ZDF derzeit nicht. Deshalb wurde entschieden, die Serie wöchentlich auf dem Samstagmittag-Sendeplatz zu zeigen, wo es nach unserer Erfahrung eine klare Seherwartung für emotionale Stoffe und Familiengeschichten gibt.“

So kommt es nun, dass „Downton Abbey“ ihr Dasein im deutschen Fernsehen vorerst zwischen „Der Landarzt“- und „Inga Lindström“-Wiederholungen fristet. Sollte die Fernsehrealität wirklich so grausam sein, dass ausgerechnet diese Entscheidung zum Erfolg führt?

12 Sep 2014

AUTOREN

Mayer

TAGS

Serie
ZDF
Kolumne Flimmern und Rauschen
Kino
Fernsehen
Streitfrage
TV-Serien
ZDF
ZDF
Hannover
Serie
Schwerpunkt Jane Austen

ARTIKEL ZUM THEMA

Das Ende zweier Ären: Was „Downton Abbey“ und die taz verbindet

„Downton Abbey“ verabschiedet sich im Kino, die taz vom Papier – beide schlugen sich tapfer durch und zeigen: Adel verpflichtet. Haltung auch?

Schauspielerin Maggie Smith gestorben: Professor McGonagall ist tot

Maggie Smith gehörte zu den großen Schauspielerinnen („Harry Potter“, „Downton Abbey“). Nun ist sie im Alter von 89 Jahren gestorben.

Krise des linearen Fernsehens: Vom Radio lernen …

Qualitätsserien laufen im deutschen Fernsehen nicht. Privatsender sollten deshalb in Neues investieren. Und nicht versuchen, was sie nicht können.

Die Streitfrage: Serien oder Sozialleben?

Sie machen süchtig und dauern ewig: Serien fressen Freizeit – für Freunde bleibt da kaum noch Zeit. Ist das ein Problem oder einfach gemütlich?

Arte-Serie „Rectify“: Aus der Zeit gefallen

Die neue Serie zeigt unseren Alltag aus der Sicht eines modernen Kaspar Hauser. Schade, dass die Nebenrollen so kitschig gestaltet sind.

Kommentar Sender von ARD und ZDF: Jugend verzweifelt gesucht

Der Personalrat des ZDF stellt sich gegen den geplanten Jugendkanal. Das ist fatal, denn der Sender braucht ein junges Publikum.

Umfrage-Betrug beim ZDF: Deutschlands zweitbeste Aufklärer

Was soll man da jetzt noch weiter im Dreck wühlen? Das ZDF zieht einen Strich unter die Manipulationen bei „Deutschlands Beste“.

Royale Begeisterung: Feudale Zeiten

Hannover feiert die britischen Welfen-Könige, in Kiel wird ein Zaren-Denkmal aufgestellt, und überall werden Schlösser wieder aufgebaut. Was ist so faszinierend am royalen Glanz?

Britische Serie „Downton Abbey“: Viel mehr als schöne Kostüme

Die preisgekrönte Serie „Downton Abbey“ startet am Freitag bei ZDFNeo. Von der Titanic bis zum Ersten Weltkrieg ist alles dabei.

Emmy-Verleihung: „Homeland“ räumt ab

„Mad Men“ schien bislang auf den Fernsehpreis Emmy abboniert zu sein. Dieses Jahr jedoch ging die Serie leer aus und das Spionagedrama „Homeland“ setzte sich durch.

Zeitreise zu Jane Austen: Amanda im Wunderland

„Lost in Austen“ ist eine lustige Zeitreise auf den Spuren von Jane Austen (Arte, Donnerstag, 20.15 Uhr). Die Heldin sorgt für reichlich Unordnung im 19. Jahrhundert.

Verleihung der Emmy Awards: Witz lass nach

Bei den Emmy Awards streicht TV-Sender Fox kurzerhand einen Witz über den eigenen Konzern. Ansonsten räumt "Modern Family" ab und Charlie Sheen schließt Frieden mit "Two and a Half Men".