taz.de -- Kommentar Datenschutz Unternehmen: Vertrauen ist schlecht
Unternehmen werben gerne mit Vertrauen, das man in sie investieren könne. Doch gerade beim Datenverkehr gilt: Sicherheit ist besser.
Stellt Vertrauen her! Das ist die Empfehlung von Wirtschaftsberatern an Unternehmen, die ihren Kunden an die Daten wollen. Denn, so das Ergebnis einer Untersuchung: Wenn Kunden einer Firma vertrauen, sind sie freigiebiger mit persönlichen Informationen.
Allein: Vertrauen ist eine denkbar schlechte Maßeinheit. Und es ist häufig das Gegenteil von Wissen. Beispiel Amazon. Wer selbst gute Erfahrungen gemacht hat, wem Freunde von unkomplizierten Retouren vorschwärmen und Preis und Angebot stimmen auch, der wird dort wieder kaufen. Das Vertrauen ist da. Dass die Daten auf US-Servern liegen und nicht nur die NSA Zugriff haben dürfte, wird dabei gern ausgeblendet.
Aber leider ist es typisch: Die meisten Unternehmen haben, was den Umgang mit Kundendaten angeht, kein Vertrauen verdient. Da gibt es Banken, die auf veraltete und knackbare Verschlüsselungsverfahren setzen. Da gibt es Online-Shops und sogar Apotheken, die persönliche und Bestelldaten unverschlüsselt durch die Welt schicken. Da werden Geburtsdatum und Telefonnummer zum Pflichtfeld, obwohl für eine Bestellung die Adresse völlig ausreicht. Und da lassen sich Anbieter nach der schweren Sicherheitslücke „Heartbleed“ viel Zeit, den notwendigen Tausch der Zertifikate in die Wege zu leiten. Wenn schon der für den Nutzer sichtbare Umgang mit Kundendaten so unterirdisch ist – wie soll es dann erst hinter den Kulissen aussehen?
Nein, solange man die – zumindest vordergründig – verantwortungsvoll handelnden Unternehmen mit der Lupe suchen muss, hilft Vertrauen nicht weiter. Sondern Sparsamkeit – und zwar mit persönlichen Informationen. Und mal ganz grundsätzlich: Wer sagt eigentlich, dass man sich immer mit seinen echten Daten anmelden muss?
9 Oct 2014
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Verschlüsselte Kommunikation? Wenn der Staat im Notfall mitlesen darf. Wie nach den Anschlägen von Paris eine alte Debatte ein Revival feiert.
Verbraucher und Firmen kommen beim Datenschutz oft nicht zusammen, so eine Studie. Wer sich gegen Verstöße im Netz wehren will, hat es schwer.
Nach dem Bekanntwerden einer 20 Jahre alten Sicherheitslücke wird diese schon ausgenutzt. Panik privater Nutzer ist unangebracht.
Nach dem Sicherheitsdesaster „Heartbleed“ stellt sich die Finanzierungsfrage bei Open-Source-Projekten. Doch Geld kann neue Probleme schaffen.
Die kanadischen Behörden haben einen 19-Jährigen abgeführt. Er soll die Sicherheitslücke ausgenutzt haben, um an Steuernummern zu kommen.
Jedes neue Sicherheitsleck, ob von der NSA gesteuert oder nur ein unschuldiger Bug, zeigt dem User allein eins: Hilflosigkeit gegenüber der Technik.
Die Sicherheitslücke „Heartbleed“ betrifft so gut wie alle, die das Internet nutzten. Kein Wunder also, dass im Netz ausführlich diskutiert wird.
Nach dem Fehler in der Verschlüsselungssoftware OpenSSL spekulieren Experten, ob bewusst eine Hintertür geschaffen wurde. Etwa für Geheimdienste.