taz.de -- Kolumne Liebeserklärung: Die Katze
Wir brauchen unsere Stubentiger: Wenn wir ihr weiches Fell streicheln, sind die Schrecken der Welt zu ertragen.
Dass man die liebevolle Bezeichnung des weiblichen Geschlechtsteils gern auch als Kosenamen für die Katze verwendet, sagt viel über die zärtliche Wertschätzung des Menschen für den Stubentiger aus. Zahllose Sprichworte unterstreichen die vieltausendjährige Karriere der Katze als Haustier, wie „Nachts sind alle Katzen grau“ oder „Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch“.
Eine weitere Redensart steht seit Jahren auf dem Prüfstand, denn „Eine Katze hat sieben Leben“, doch sobald sie von hundert Schrotkugeln getroffen wird, ist sie fix bei minus dreiundneunzig. Wohl dieses Subtraktionsergebnis bewegte den NRW-Umweltminister Johannes Remmel dazu, den Abschuss streunender Katzen im Entwurf für das neue Jagdgesetz als „nicht sinnvoll und nicht mehr zeitgemäß“ zu ächten. Für die Jäger aber ist der Katzenabschuss immer zeitgemäß. Das „halbe Land“ habe der Minister „gegen sich und seine Pläne aufgebracht“, greint ein führender Funktionär des NRW-Jagdverbands.
Das halbe Land? Weil eine Handvoll anachronistischer Ritualtiermörder keine Katzen mehr killen darf? Dass er sich da mal nicht täuscht. Deutschland ist nicht mehr dasselbe Land wie 1914. Die Kriegsmüdigkeit ist groß, die Gewaltbereitschaft gesunken und keiner mehr hält Pazifismus für eine Pizzasorte. Die meisten Bürger sitzen nach Feierabend brav zu Hause auf dem Sofa.
Mit schreckgeweiteten Augen blicken sie in den Fernseher, wo die Gewalt, die immer woanders tobt, gezeigt wird und flüstern: „O Gott, das darf doch nicht wahr sein“, während sie auf dem Schoß die Schmusekatze streicheln. Die ist der einzige Trost. Ohne die würden sie noch nicht mal die Nachrichten überleben. Wir brauchen die Katze, den Jäger braucht niemand. Sollen doch Wolf und Polizei den Wildbestand im Zaum halten.
24 Oct 2014
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