taz.de -- Kein Aufwind für Bärgida: Uneinigkeit im rechten Lager

Zwei rechte Demos machen sich am Montag selbst Konkurrenz. Innensenator und Grüne rufen Demokraten dazu auf, jetzt zusammenzustehen.
Bild: Der "Bärgida"-Protest am letzten Montag

Migrantenvertreter und Beobachter des rechtsextremen Spektrums gehen nicht davon aus, dass der Pariser Terroranschlag für erheblich größeren Zulauf zur zweiten „Bärgida“-Demonstration am kommenden Montag sorgen wird. Diese Einschätzung stützt sich auf Beobachtungen der einschlägigen Seiten in sozialen Netzwerken und ersten Reaktionen am Abend nach dem Attentat. Die Polizei mochte sich noch nicht auf eine Einschätzung festlegen.

Die Hintermänner von „Bärgida“, dem Berliner Ableger der islamfeindlichen Bewegung „Pegida“, haben für Montag zu einem Treffen am Pariser Platz am Brandenburger Tor aufgerufen. Dorthin, wo auch die französische Botschaft steht, sollte bereits vor vier Tagen eine erste Demonstration führen, die am Roten Rathaus stecken blieb. Auf der „Bärgida“-Seite beim sozialen Netzwerk Facebook gab es am Donnerstag bis 18 Uhr allerdings erst 245 Teilnahmezusagen, nicht auffällig mehr als am Vortag. Dort verwendete die Gruppe jene „Je suis Charlie“-Optik, mit der sich unter anderem die taz mit der attackierten Zeitschrift solidarisierte.

Ulli Jentsch vom Antifaschistisches Pressearchiv und Bildungszentrum setzt darauf, dass Uneinigkeit im rechten Lager größeren Zulauf verhindert. Denn parallel zur „Bärgida“-Aktion hat die „Bürgerbewegung Hellersdorf“ mit den Parolen „Asylmissbrauch verhindern“ und „Merkel und Co. stoppen“ erneut zu einer Demonstration in Marzahn aufgerufen. „Es ist nicht erkennbar, dass es tatsächlich eine größere Mobilisierung gibt“, sagt Jentsch.

Ähnlich hoffnungsvoll zeigt sich die Vorsitzende des Türkischen Bunds Berlin Brandenburg (TBB), Ayse Demir. Allgemein habe sie zwar schon die Sorge, dass der Terroranschlag instrumentalisiert werde. Aber für Berlin schätzt sie die Lage anders ein, nachdem sich in einer Dreimillionenstadt zur ersten „Bärgida“-Demo nur knapp 300 Teilnehmer fanden. „Da bin ich schon zuversichtlich, dass der Zulauf auch nächsten Montag nicht zu groß ist“, sagt Demir.

Darauf hoffen auch die Flüchtlingspolitiker von Grünen und Linken im Abgeordnetenhaus, Canan Bayram und Hakan Tas. „Die werden das sicher für sich zu nutzen versuchen, die AfD hat sich ja schon so geäußert“, so Tas. Doch auch er sieht in Berlin die Uhren anders ticken. Bayram ruft dazu auf, sich nicht nur dem Terror von Islamisten, sondern auch von Rechten in den Weg zu stellen – „jetzt müssen wir erst recht alle zusammenstehen“. Damit liegt die Grüne in sonst seltener Nähe zu Innensenator Frank Henkel (CDU). „Ich halte die Gefahr für sehr real“, sagt der, „dass eine Spaltung der Gesellschaft droht, wenn wir uns nicht alle gemeinsam dagegen stemmen.“

8 Jan 2015

AUTOREN

Stefan Alberti

TAGS

Rechtsextremismus
Schwerpunkt Neonazis
Schwerpunkt Pegida
Berlin Marzahn-Hellersdorf
Flüchtlinge
Berlin
Toleranz
Berlin
Schwerpunkt Rassismus
Berlin

ARTIKEL ZUM THEMA

Rechte in Berlin-Marzahn: Flüchtlingsgegner auf der Flucht

Die „Bürgerbewegung Marzahn“ kündigt das Ende ihrer Demos gegen Flüchtlinge an – am Montag soll aber noch mal protestiert werden.

Kommentar zum Protest gegen Bärgida: Kinder, geht spazieren!

Die Berliner Parteichefs rufen zum Protest gegen Bärgida auf. Aber reicht das? Anregungen für Menschen mit und ohne Bart.

Berlin gegen Bärgida: Alle Parteien gegen den Hass

Die fünf im Berliner Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien rufen gemeinsam zum Protest gegen den Berliner Pegida-Ableger auf.

Anti-Pegida-Demo in Dresden: Nicht einschüchtern lassen

Am Samstag demonstrieren in Dresden rund 35.000 Menschen für Toleranz und Weltoffenheit. Zum Auftakt gab es eine Schweigeminute für die Opfer von Terror.

Brandenburger Tor abgeschaltet: Müller macht das Licht aus

Der Regierende Bürgermeister persönlich hat entschieden, die „Bärgida“-Demonstranten im Dunkeln stehen zu lassen.

Bärgida erfolgreich blockiert: „Wir sind die Mauer“

Der Berliner Pegida-Ableger kommt nicht vom Fleck, weil die Rechten von Gegendemonstranten blockiert werden. Die haben offensichtlich Spaß daran.

Rechte mobilisieren in Berlin: Bärgida versucht's nochmal

Der Berliner Pegida-Ableger will am Montag am Brandenburger Tor demonstrieren. Auch Gegenproteste sind angekündigt.