taz.de -- Urteil des Bundesgerichtshofes: Balkonqualmen auf der Kippe

Unten rauchen die Nachbarn auf dem Balkon, oben stören sich zwei Nichtraucher am Qualm. Müssen sie den Rauch dulden? Nicht unbedingt, sagt der Bundesgerichtshof.
Bild: Heißt es bald: Kippe aus, wenn ein Nachbar sich daran stört? Eine letztgültige Gerichtsentscheidung steht noch aus.

KARLSRUHE/PREMNITZ dpa | Raucher können verpflichtet werden, nur zu bestimmten Zeiten auf ihrem Balkon zur Zigarette zu greifen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Freitag entschieden.

Voraussetzung ist demzufolge, dass der Rauch für Andere eine „wesentliche Beeinträchtigung“ darstellt. Die endgültige Entscheidung in einem erbitterten Nachbarschaftsstreit ist das aber noch nicht: Die Juristen wiesen den Fall an das Landgericht Potsdam zurück. (Az.: V ZR 110/14)

Es ging um die Klage eines Ehepaars aus dem brandenburgischen Premnitz. Die beiden Nichtraucher wollten nicht akzeptieren, dass sie den Zigarettenqualm ihrer Nachbarn aus der unteren Etage ertragen sollen. Wie viel diese auf dem Balkon rauchen, blieb ungeklärt. Die Zahlen schwankten zwischen 12 und 20 Zigaretten täglich.

Der Bundesgerichtshof gab im Grundsatz dem klagenden Ehepaar recht. Die Richter legten jedoch keine allgemeingültigen rauchfreien Zeiten für Balkone fest. Diese müssten immer am Einzelfall orientiert bestimmt werden, hieß es. Auch legten sie keine Höchstmengen für Zigaretten fest.

Ein zeitweiliges Rauchverbot ist dem Urteil zufolge grundsätzlich möglich, wenn der Rauch wegen der damit verbundenen Geruchsbelästigung als störend empfunden wird. Ist das nicht der Fall, muss der Mieter nachweisen können, dass durch den Qualm eine reale Gefahr von Gesundheitsschäden besteht.

Das Landgericht Potsdam muss jetzt genau klären, ob und wie stark die klagenden Nichtraucher durch den Zigarettenrauch gestört werden oder ob er gesundheitsschädlich sein kann. Dann müssen die Richter gegebenenfalls die rauchfreien Zeiten festlegen.

Das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme gelte auch beim Streit ums Rauchen, sagte die Vorsitzende BGH-Richterin Christina Stresemann am Freitag. Es müssten die Rechte beider Seiten berücksichtigt werden.

16 Jan 2015

TAGS

Bundesgerichtshof
Balkon
Rauchen
Umwelt
Mieten
E-Zigaretten
Silvester

ARTIKEL ZUM THEMA

Verärgerte Anwohner: Wind bringt Gestank

Langenfelder wehren sich gegen Geruchsbelästigung bei Südwestwind und haben jetzt ein Asphaltwerk angezeigt. Die Umweltbehörde riecht nichts.

BGH-Urteil stärkt Mieter-Vorkaufsrecht: Schadenersatz für Mieterin

Beim Verkauf einer Wohnung haben Mieter ein Vorkaufsrecht. Wird das nicht beachtet, muss der frühere Vermieter zahlen. Das bestätigt ein neues Urteil des BGH.

Rauchverbot und E-Zigaretten: Man lutscht und lutscht

Das Rauchverbot ist ein Kotau vor der Schlechtigkeit. Mit der E-Kippe ist Nikotin zurück im Zimmer. Und dampfen klingt friedlicher als rauchen.

Die Streitfrage: Kann man Vorsätze einhalten?

Jedes Jahr zu Silvester nehmen wir uns vor, bessere Menschen zu werden. Nur meistens klappt das nicht. Bringen uns Vorsätze überhaupt weiter?