taz.de -- Ausstieg aus der Kohlekraft: Vereinigte Klimafreunde im Königreich

Plötzlich ziemlich beste Freunde: Der britische Premier, der Vize und der Oppositionsführer wollen auf einmal alle dasselbe – mehr grüne Investitionen.
Bild: Jetzt nicht die allertollste Lösung, aber allemal besser als Kohle: Offshore-Park vor Nordwales

BERLIN taz | Großbritannien hat ein überraschendes klimapolitisches Signal gesetzt. Wie der Guardian berichtet, unterzeichneten Premierminister David Cameron, Vizepremier Nick Clegg und Oppositionsführer Ed Miliband am Samstag ein gemeinsames Papier, in dem sie sich für eine Politik aussprechen, die „sich an den Grenzen des Planeten orientiert und die globale Erwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts unter zwei Grad begrenzt“.

Ganz konkret werden sie, wenn es um die Verstromung von Kohle geht: Sie versprechen einen Ausstieg aus „dem schmutzigsten und CO2-intensivsten Energieträger der Welt“.

Gemeinsame Erklärungen der Konservativen, der Liberalen und der Labour-Partei sind höchst ungewöhnlich. In diesem Fall umso mehr, als sich zuletzt keine der Parteien mit grünen Themen hervorgetan hatte. Nun heißt es: „Den Klimawandel zu bekämpfen ist auch eine Chance für das Vereinigte Königreich, eine Wirtschaft aufzubauen, die effizienter und gezielter mit den bevorstehenden Problemen umgeht.“

Erst vor Kurzem hatte ein hochrangiger Militär gewarnt, dass die Folgen der Klimaveränderung die Sicherheit Großbritanniens und seine Widerstandsfähigkeit gegen den Terrorismus gefährdeten.

„Inspirierender Ansatz“

Der ehemalige US-Vizepräsident Al Gore, selbst ein aktiver Kämpfer für den Klimaschutz, bezeichnete die Erklärung als einen „inspirierenden Ansatz“ und klare Ansage, dass Großbritannien „ein guter Ort für klimafreundliche Investitionen“ sei.

Bei den Umweltverbänden in Deutschland kam das Zeichen aus London gut an. Christoph Bals, politischer Geschäftsführer von Germanwatch, sagte: „Dieser parteiübergreifende Appell aus dem Geburtsland der Industrialisierung zeigt das gewachsene Verantwortungsgefühl in Anbetracht der katastrophalen Gefahren, die ein ungebremster Klimawandel für die Menschheit mit sich bringen würde.“ Allerdings müssten dieser Ankündigung nun auch Taten folgen: „Großbritannien muss bis 2040 aus der Kohle ausgestiegen sein.“

Bislang ist noch kein Datum genannt. Außerdem befürchten die Umweltschützer, dass Großbritannien die fossilen Energien durch teure und riskante Atomkraft ersetzt statt die erneuerbaren Energien auszubauen.

Auch in Deutschland hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) – schon im Dezember – ein Gesetz zum Ausstieg aus der Kohle angekündigt, um ihr Ziel, die CO2-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu senken, noch erreichen zu können.

Vergangene Woche hatten sich Delegierte der UN-Staaten in Genf auf einen Verhandlungstext für ein neues Klimaprotokoll geeinigt, das im Dezember in Paris verabschiedet werden soll. Anfang Juni diskutieren die sieben großen Industrienationen auf dem G7-Gipfel in Elmau über Strategien im Kampf gegen die globale Erwärmung.

15 Feb 2015

AUTOREN

Beate Willms

TAGS

Schwerpunkt Atomkraft
Großbritannien
David Cameron
Schwerpunkt Klimawandel
Nick Clegg
Ed Miliband
Kohle
Ausstieg
Weltklimakonferenz
Schwerpunkt Atomkraft
Nachhaltigkeit
Großbritannien
Schwerpunkt Atomkraft
RWE
CO2-Emissionen
Sellafield
Klima
Schwerpunkt Atomkraft
Schwerpunkt Atomkraft
Schwerpunkt Klimawandel

ARTIKEL ZUM THEMA

Gabriel gegen AKW-Förderung: „Auf keinen Fall zustimmen“

Mehrere EU-Länder wollen im Rahmen der Energieunion die Atomenergie fördern. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel lehnt das strikt ab.

Sachbuch über Ökobewegung: Alternative Spinner?

Vom 18. Jahrhundert bis heute: Der Soziologe Udo Simonis porträtiert 40 Vordenker des Umweltschutzes. Es ist keine Erfolgsgeschichte.

Wahlversprechen in Großbritannien: Keine Hilfsgelder mehr für Fette

Der britische Premier David Cameron will die Briten zu gesundheitsbewusstem Verhalten erziehen. Das bekommen Dicke, Junkies und Trinker zu spüren.

Briten stinksauer auf Österreich: Atomkrach in der EU

Österreich will gegen die Beihilfen für die Erweiterung eines britischen AKW klagen. Nun schwingen die Briten die diplomatische Keule.

Biostrom von RWE: Öko ist das neue Atom

Der Energiekonzern will Investitionen von einer Milliarde Euro in Erneuerbare Energien tätigen. Noch in diesem Jahr will er zwei Offshore-Windparks in Betrieb nehmen.

Kommentar Klimaschutz: Ziele gut, Instrumente besser

Geht es um Klimaschutz, mogeln sich die Politiker um klare Aussagen herum. Doch Instrumente, die die Produktion von CO2 drosseln, gibt es viele.

Marode Atomanlage in Sellafield: Klar wie Kernbrühe

Heruntergekommene Becken unter freiem Himmel: So sind Brennelemente in der Atomanlage im englischen Sellafield untergebracht.

Treibhausgase in der EU: Einig Klima in Europa

Die EU hat ihre Klimaschutzziele trotz Differenzen und Streit neu gesteckt. Sie ist damit globales Vorbild – auch für den UN-Klimagipfel.

Kommentar Atom-Subventionen: Rational nicht zu erklären

Zwei neue Atomkraftwerke in Großbritannien werden mit Milliardensubventionen unterstützt. Österreich hat eine Klage angekündigt.

Neubau steht bevor: Milliarden-Subvention für Briten-AKW

Die EU-Kommission bewilligt die umstrittene Beihilfe für den ersten AKW-Neubau in Großbritannien seit 20 Jahren. Österreich klagt, Deutschland zögert.

Wachstum dank Green Economy: Der grüne Motor

Es gibt keinen Widerspruch zwischen Klimaschutz und Wachstum. Ein UN-Bericht belegt: Die Green Economy lässt die Wirtschaft wachsen.