taz.de -- Illegale Pushbacks von Flüchtlingen: Die Ukraine, Asylvorhof Europas
Die EU soll Asylsuchende ohne Anhörung in die Ukraine zurückschieben. Dort warten von Europa finanzierte Haftplätze und untragbare Zustände.
BERLIN taz | Die EU verstößt im Umgang mit Flüchtlingen an ihren Ostgrenzen offenbar gegen internationales Recht. Seit Jahren werden demnach regelmäßig Flüchtlinge vom EU-Hoheitsgebiet – etwa aus Ungarn oder der Slowakei – ohne Chance auf ein Asylverfahren in die Ukraine zurückgeschoben. Das bestätigte ein Experte des [1][UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR im Interview] mit dem ARD-Magazin „Report Mainz“ und dem Magazin Der Spiegel.
Die zurückgeschobenen Flüchtlinge werden in der Ukraine bis zu einem Jahr lang inhaftiert – in speziellen Haftanstalten, die von der EU mitfinanziert werden. Zurzeit befinde sich eine weitere solche Haftanstalt für Migranten im ukrainischen Martiniwske kurz vor der Eröffnung. Die EU verlagere das Flüchtlingsproblem damit nach außen.
Die EU hat in den vergangenen Jahren einen höheren zweistelligen Millionenbetrag in den Auf- und Ausbau von derartigen Haftanstalten sowie Schulungen des dortigen Personals und Beratungen der ukrainischen Regierung investiert. Seit dem Jahr 2010 gilt ein Rückübernahmeabkommen zwischen der EU und der Ukraine. Es erlaubt den Mitgliedstaaten, Migranten in die Ukraine abzuschieben – ein Asylantrag muss laut Asylverfahrensrichtlinie aber zuvor geprüft werden.
Die EU-Kommission teilte auf Anfrage von „Report Mainz“ (Ausstrahlung der Sendung am Dienstag) mit, dass ihr auf Basis der vorliegenden Informationen „keine Fälle von spezifischen oder umfassenden ’Pushbacks‘“ bekannt seien. Das finanzielle Engagement in der Ukraine diene der Anpassung der Bedingungen von Flüchtlingen in der Ukraine an europäische Standards.
Mehrere Flüchtlinge, die sich noch in der Ukraine aufhalten, berichteten von untragbaren Zuständen. Demnach bekommen Flüchtlinge in der Ukraine Nahrungsmittel im Wert von weniger als einem Euro pro Tag. Mehrere Betroffene beschwerten sich über Hunger und mangelnde medizinische Versorgung. Aus Furcht vor Abschiebungen und Verhaftungen trauten sich viele nicht mehr, die Flucht in die EU erneut zu versuchen.
15 Feb 2015
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