taz.de -- Regierung in Israel vereidigt: Verspätungen und Tumulte

Kurz vor Ablauf der Frist gelingt Benjamin Netanjahu die Regierungsbildung. Die Vereidigung vor der Knesset wurde jedoch von Störungen begleitet.
Bild: Benjamin Netanjahu während der Vorstellung seines Kabinetts in der Knesset.

JERUSALEM ap | Fast zwei Monate nach dem Wahlsieg des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu ist sein neues Kabinett vereidigt worden. Vor der Zeremonie kam es am Donnerstag im Parlament jedoch zu Tumulten. Die Sitzung begann auf Bitte von Netanjahus Büro mit zwei Stunden Verspätung.

Grund waren Berichten zufolge Dispute über die Vergabe von Ministerposten in letzter Minute. Beobachter werteten den holprigen Start der neuen Regierung als Vorbote einer schwierigen vierten Amtszeit Netanjahus.

Seine konservative Likud-Partei war mit 30 Sitzen als stärkste Kraft aus der Parlamentswahl am 17. März hervorgegangen, hatte jedoch große Mühe, eine Regierungsbündnis zu schmieden. Nach sechs Wochen – also kurz vor Ablauf der gesetzlich vorgeschriebenen Frist – zimmerte er nach zähen Verhandlungen eine Koalition, die mit 61 von 120 Sitzen in der Knesset nur eine hauchdünne Mehrheit hat.

Neben der nationalistischen Partei Jüdisches Heim, die mit der Siedlungsbewegung im Westjordanland eng verbunden ist, sind in dem Bündnis drei weitere Parteien vertreten: die zentristische Kulanu und zwei ultraorthodoxe Gruppierungen. Es wird erwartet, dass die Koalition eine harte Linie vertreten und weiterhin auf Kollisionskurs mit den USA und dem Westen gehen wird. Fortschritte im Nahostkonflikt gelten als sehr unwahrscheinlich.

Gelächter und Zwischenrufe

Als Netanjahu im Parlament bei der Vorstellung seines Kabinetts als eines seiner Ziele Frieden mit den Palästinensern ausgab, quittierten arabische Abgeordnete dies mit Gelächter und Zwischenrufen. Drei Parlamentarier wurden schließlich von Ordnern aus dem Saal geführt, andere verließen das Plenum aus Protest.

„Etwas funktioniert hier nicht“, gab Juli Edelstein zum Auftakt der Sitzung zu Protokoll. "Unter diesen Umständen" gebe es bei dem normalerweise festlichen Anlass wenig zu feiern. Kritisch äußerte sich auch Oppositionsführer Izchak Herzog vom Mitte-Links-Bündnis. Dies sei „kein glücklicher Tag“, die Regierung Netanjahus sei „ein Zirkus.“ Einen Eintritt in die Koalition lehne er kategorisch ab, erklärte Herzog.

Netanjahu hatte zuvor anderen Parteien „die Tür offengehalten“, auf dass sich die Regierungskoalition vergrößern möge. Zudem machte er sich für eine Reform des politischen Systems stark, um häufige Wahlen künftig zu vermeiden.

15 May 2015

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