taz.de -- Ukrainisch-orthodoxe Kirche in Kyjiw: Geistliche müssen Kloster räumen
Die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche wird der pro-russischen Kollaboration verdächtigt. Der Metropolit protestiert.
Luzk taz Die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche (UOK) darf nicht länger in den von ihr genutzten Gebäuden in Kyjiw bleiben. Die UOK hatte sich erst im Mai 2022 infolge des russischen Angriffskriegs [1][vom Moskauer Patriarchat losgesagt]. In der Ukraine wird sie aber antiukrainischer Tätigkeiten verdächtigt und muss deshalb das Kyjiwer Höhlenkloster zum 29. März verlassen. Der 2013 mit diesem Zweig der Russisch-Orthodoxen Kirche in der Ukraine geschlossene Nutzungsvertrag läuft aus. Der Direktor des staatlichen Museumsreservats Kyjiwer Höhlenkloster hat die Vertreter der UOK in einem Schreiben aufgefordert, die von ihnen genutzten Gebäude bis Ende März zu verlassen. Der Nutzungsvertrag wurde gekündigt, nachdem eine von der Regierung eingesetzte Arbeitsgruppe die Aktivitäten der UOK im Kloster untersucht hatte.
Die Untersuchungen hatten im vergangenen Jahr begonnen, nachdem die ukrainische Regierung Hunderte Hinweise zu der Kollaboration der UOK-Geistlichen erhalten hatte, die angeblich häufig die russischen Besatzer unterstützen. „Während der Überprüfung wurden Verstöße gegen die Vertragsbedingungen vonseiten des Klosters bezüglich der Nutzung von Staatseigentum festgestellt“, heißt es in dem Schreiben der Denkmalschutzbehörde.
Das Parlament wandte sich an den Staatlichen Sicherheitsdienst der Ukraine (den Inlandsgeheimdienst; d. Redaktion), um sicherzustellen, dass Wertgegenstände aus dem Museum auf dem Klostergelände und aus dem Klostergebäude selbst während des Auszugs der UOK nicht verschwinden. Die Abgeordneten bezogen sich dabei auf Reliquien und andere historisch bedeutsame Gegenstände, die dem ukrainischen Staat zurückgegeben werden sollten.
Der Kulturminister der Ukraine, Oleksandr Tkatschenko, hatte schon früher bekannt gegeben, dass sich auf dem Gelände des Kyjiwer Höhlenklosters rund 800 Exponate befinden. Er sagte, dass zuerst diejenigen Vertreter der UOK das Kloster verlassen sollten, die wegen antiukrainischer Tätigkeit auf einer Sanktionsliste der Regierung stünden. Neben dem Metropoliten Pawlo Lebid sind dies acht weitere Bischöfe. Die Mönche hingegen könnten vorerst im Kloster bleiben. Unter welchen Bedingungen solle zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden.
In der UOK betrachtet man den Brief als Provokation und möchte das Kloster nicht verlassen, weil man davon überzeugt ist, dass es dafür keine rechtliche Grundlage gibt. Metropolit Lebid, wegen seiner Liebe zu teuren Autos besser bekannt als „Pascha Mercedes“, hat in einer Videobotschaft erklärt, dass die Kirchenmänner das Höhlenkloster nicht verlassen werden. Niemand könne sie zwingen zu gehen, so der Metropolit. Sie würden „ihre Rechte bis zum Schluss verteidigen“.
Inzwischen wurde auch ein Überwachungsvideo im Internet veröffentlicht. Es zeigt, wie Lebid beim Gottesdienst die Gemeinde einzuschüchtern versucht. Er berief sich dabei auch auf Ereignisse vor 100 Jahren, als die bolschewistischen Kommunisten mit der Verfolgung der Kirche begonnen hatten. „Das sind die Enkel der Revolution, ihre Anführer, die Verfolger der Kirche Christi. In der Ukraine beginnt die Apokalypse“, sagte Lebid.
Das Kyjiwer Höhlenkloster gilt als Wiege der Orthodoxie. Es wurde im elften Jahrhundert gegründet, also etwa hundert Jahre vor der Gründung Moskaus im Jahr 1147. Die Mönche waren im Jahr 1988 ins Kloster zurückgekehrt: Zum 1000. Jahrestag der Taufe der Kyjiwer Rus (988 n. Chr.) wurde es damals an die Russische Orthodoxe Kirche (ROK) zurückgegeben – anders wäre es in der Sowjetunion schlicht nicht möglich gewesen.
Ljudmila Filipowitsch, promovierte Theologin, prognostiziert, dass die „Moskauer“ Kirche der Räumung des Klosters nicht zustimmen und vermutlich auch vor Gericht gehen werde.
Aus dem Ukrainischen Gaby Coldewey
15 Mar 2023
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