taz.de -- Überwachung der Journalistin Röpke: Vom Verfassungsschutz belogen
Sie gilt als eine der besten Kennerinnen der rechten Szene. Jahrelang wurde die Journalistin Andrea Röpke vom Verfassungsschutz beobachtet.
BERLIN taz | Der Anruf erreichte Andrea Röpke auf dem Weg zu einem Vortrag. Am Mittwoch unterrichtete die niedersächsische Verfassungsschutzpräsidentin Maren Brandenburger die Journalistin darüber, dass ihre Behörde sechs Jahre lang Daten über sie gesammelt hat.
Keine Stunde später verkündete der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD), dass auch weitere Journalisten betroffen sind. Seitdem ist Röpke unfreiwillig zum Gesicht einer neuen Verfassungsschutzaffäre geworden.
Die 48-jährige freie Journalistin gilt als eine der besten Kennerinnen der rechten Szene in Deutschland. Seit Jahren berichtet sie unter anderem für das NDR-Magazin „Panorama“ und für die taz. Sie erhielt dafür nicht nur zahlreiche Journalistenpreisen, sondern auch immer wieder Drohungen aus der rechten Szene.
Der niedersächsische Verfassungsschutz, so erfuhr sie nun, sammelte nicht nur über Jahre hinweg Daten zu ihrer Person, sondern belog sie auch – etwa als sie 2012 wissen wollte, ob es bei der Behörde Daten über sie gebe. Nein, hieß es damals. Dann wurde der Datensatz rasch gelöscht. Dabei sollten die Verfassungsschützer, die seit Bekanntwerden des rechtsextremen Terrors durch den NSU in der Kritik stehen, einen anderen Fokus haben.
Viel Meinung und wenig Ahnung
Röpke, die über Männer mit viel Meinung und wenig Ahnung oft leise schmunzelt und später laut lacht, war eine der Sachverständigen im Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags zur Aufarbeitung des NSU-Skandals. Ein CDU-Mitglied sagte seinerzeit, was Röpke ihm berichtet habe, hätte er gern vom Verfassungsschutz erfahren. Dass dieser Verfassungsschutz sie selbst beobachtete, überrascht Röpke nicht. Sie meint trocken: „Hätte er sich mal lieber um den NSU gekümmert.“
Noch am Mittwochabend, kurz nachdem Röpke von ihrer Überwachung erfahren hatte, musste sie dann wieder ihren eigenen Kampf gegen Rechts aufnehmen. NPD-Kader in Ludwigslust versuchten die Veranstaltung zu stören, bei der Röpke zu Gast war.
19 Sep 2013
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Niedersachsens Verfassungsschutz führte Akten über den Anwalt Sven Adam. Der vertritt Reporter, die sich gegen Überwachung durch den Geheimdienst wehren.
In Niedersachsen wurde auch Andrea Röpkes Anwalt illegal ausgespäht. Er hatte Anti-Castor-Aktivisten vertreten. Der Verfassungsschutz sieht sich im Recht.
Der niedersächsische Verfassungsschutz will die Journalistenüberwachung aufklären. Rechtswidrig erhobene Daten würden dann gelöscht werden.
In der Überwachungsaffäre leitet taz-Autorin Andrea Röpke als erste Betroffene rechtliche Schritte ein: Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft.
Die Hamburger Polizei ging Hinweisen auf eine rechtsextreme Tat nicht nach. Die Hauptangeklagte Zschäpe hatte Kontakte in der Hansestadt.
Missliebige Journalisten, politische Gegner: Seit Jahren beobachtet Niedersachsens Verfassungsschutz die Falschen. Wird jetzt reformiert?
Der niedersächsische Verfassungsschutz bespitzelte Journalisten. Es wird Zeit, die Vorgänge vollständig offenzulegen.
Unter Ex-Innenminister Schünemann hat Niedersachsens Verfassungsschutz Journalisten beobachtet und im Fall der taz-Autorin Andrea Röpke versucht, das zu vertuschen.
Seit August ist Bernd Palenda Chef des Berliner Verfassungsschutzes. Nun will er den Geheimdienst reformieren. Der taz erzählt er, warum er dafür an Schulen will und wie er zur SPD kam.
Das rot-grüne Bremen will seinem Verfassungsschutz mehr Rechte geben. Beim Einsatz von V-Leuten soll das Parlament bald mitreden dürfen.