taz.de -- Migrationspolitik in Italien: Rückschlag vor Gericht für Meloni
Zwölf Geflüchtete müssen aus einem albanischen Lager nach Italien überstellt werden. Dennoch will Meloni an den Abkommen über Asylverfahren in Albanien festhalten.
Rom dpa | Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni will trotz einer schweren Niederlage vor Gericht ihre Pläne zur Unterbringung von Mittelmeerflüchtlingen außerhalb der EU durchziehen. Die rechte Regierungschefin stellte klar, dass die beiden kürzlich eröffneten Lager in Albanien in Betrieb bleiben. Zugleich sprach sie der Justiz das Recht ab, darüber zu entscheiden, aus welchen Ländern Migranten dorthin verfrachtet werden. Ein Gericht in Rom hatte am Freitag verfügt, dass eine erste Gruppe von zwölf Männern weiter nach Italien darf.
Italien ist der erste Staat der Europäischen Union, der über Asylanträge außerhalb der EU urteilen will. Das [1][umstrittene Vorhaben wird von allen anderen EU-Ländern aufmerksam verfolgt]. Insbesondere andere rechte Regierungen erwägen, sich das Meloni-Modell zum Vorbild zu nehmen. Bleibt es bei dem Beschluss des Gerichts in Rom, das sich auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs stützt, wäre das auch für sie ein schwerer Schlag.
Auf [2][Anordnung des Gerichts wurden sieben Männer aus Bangladesch und fünf Ägypter] mit einem Schiff der italienischen Küstenwache am Samstag aus dem Lager Shengjin über die Adria in die süditalienische Hafenstadt Bari gebracht. Über ihr Schicksal wird jetzt auf italienischem Boden entschieden. Das Gericht begründete seinen Beschluss damit, dass Ägypten und Bangladesch keine sicheren Herkunftsländer seien. Damit stehen [3][die neuen Lager in Albanien nach nur zwei Tagen wieder leer].
„Wir konnten gar nicht anders entscheiden“
Melonis Rechtsregierung kündigte an, in Berufung zu gehen – notfalls bis vors höchste italienische Gericht. Zudem berief die Ministerpräsidentin ihr Kabinett für Montag zu einer Sondersitzung ein, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Die Vorsitzende der Rechtspartei Fratelli d’Italia sagte: „Ich denke nicht, dass es an der Justiz ist, darüber zu entscheiden, welche Länder sicher sind, sondern Aufgabe der Regierung.“ Vermutlich wird jetzt ein neues Dekret erlassen, das Herkunftsländer neu definiert. Mehrfach warfen rechte Minister der Justiz vor, sich von der Linken instrumentalisieren zu lassen.
Richterin Luciana Sangiovanni verteidigte ihren Beschluss. „Wir konnten gar nicht anders entscheiden“, sagte sie der Tageszeitung La Stampa. Grundlage dafür war ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs, wonach ein EU-Mitglied ein Herkunftsland nur dann als sicher einstufen darf, wenn die Bedingungen dafür in dessen gesamtem Hoheitsgebiet erfüllt sind. Legt man diese Definition zugrunde, könnten in den Albanien-Lagern nur noch Migranten aus einigen wenigen Ländern aufgenommen werden.
Seit Januar wurden in Italien 55.000 Neuankömmlinge registriert, vor einem Jahr waren es bis Mitte Oktober noch über 140.000.
20 Oct 2024
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