taz.de -- Erste Klausurtagung der Landesregierung: Zwischen Anpacken und Ankündigen
Schwarz-roter Senat legt sich bei Zwei-Tages-Treffen auf ein Sofortprogramm fest. Die Grünen nennen es wolkig - und bieten Hilfe beim Klimaschutz an.
Berlin taz | „Das Beste für Berlin“ heißt schon der Koalitionsvertrag von CDU und SPD, und auch beim ersten [1][“Sofortprogramm“] bleibt der neue schwarz-rote Senat seiner Wortwahl treu: „Anpacken.Für Berlin“ steht über einer Pressemitteilung von Sonntag zu gleich 52 Maßnahmen, auf die sich die Ende April formierte Landesregierung in einer zweitägigen Klausurtagung festgelegt hat. Die nun oppositionellen Grünen überzeugt das nicht: „Der Senat spricht von Anpacken, meint aber Ankündigen“, reagierte ihre Fraktionschefin Bettina Jarasch.
Die elf Senatsmitglieder um Regierungschef Kai Wegner (CDU) plus drei zentrale Staatssekretäre waren am Samstag an den Großdöllner See gereist, 54 Kilometer Luftlinie nördlich vom Roten Rathaus. Historisch ist die Gegend einigermaßen belastet – Nazi-Größe Hermann Göring ging dort genauso auf die Jagd wie später in der DDR Erich Honecker. Ein [2][Gedenkstein mit der Inschrift] „Mein letzter Hirsch 8.11.1989“ steht keine drei Kilometer vom Tagungshotel entfernt.
In dem 126 Zimmer großen 4-Sterne-Hotel am Westufer des Sees sollte es bis Sonntag aber nicht ums Jagen, sondern neben dem Sofortprogramm auch um die Unterbringung und Integration von Flüchtlingen sowie den künftigen Landeshaushalt für 2024/25 gehen. Das Sofortprogramm soll „bis Anfang Oktober greifbare Ergebnisse“ bringen. Dann ist eine zweite, aber nur eintägige Klausurtagung des Senats geplant. Das Vorgehen erinnert an die Klausur des kurz zuvor gebildeten rot-grün-roten Senats Anfangs 2022: Der kam mit einem [3][100-Tage-Programm] mit 40 Vorhaben und Projekten aus seinem Treffen bei Nauen.
„Der Wegner-Senat bleibt wolkig mit Ankündigungen für Projekte, die irgendwann mal kommen könnten, wie der Ankauf des Fernwärmenetzes“, kommentierte Grünen-Fraktionschefin Jarasch. Beim Klimaschutz bekomme man „zum x-ten Mal eine vollmundige Ankündigung von einem 5-Milliarden-Programm“. Mit schönen Worten lasse sich das Klima aber nicht retten. „Gerne bieten wir der Koalition fachliche Unterstützung an, wenn sie dafür keine eigenen Konzepte haben.“
Positiver äußerte sich der Präsident der Industrie- und Handelskammer, Sebastian Stietzel: Der Senat habe „grundsätzlich viele richtige Prioritäten angekündigt“. Das gelte für die geplante Verabschiedung des Eckpunktepapiers zur Verwaltungsreform ebenso wie für das Schneller-Bauen-Gesetz oder die Verabschiedung des Mobilitätsgesetzes und der Hochschulverträge. „Allerdings dürfen diese Prioritäten nicht nur auf dem Papier stehen – das muss ab morgen dann auch passieren.“
11 Jun 2023
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Regierungschef Wegner (CDU) verabredet erstmals mit Fraktionen von Grünen und Linkspartei Schritte zur Verwaltungsreform. Auch die Bezirke machen mit.
Der Senat glänzt aus Sicht der Grünen nur durch Untätigkeit. Vom angekündigten „Einfach mal machen“ von Regierungschef Wegner spüren sie nichts.
Wider alle Kritik, die SPD passe nicht zur CDU, beschließt Schwarz-Rot, worüber Rot-Grün-Rot stritt. Ökologie spielt dabei nicht die größte Rolle.
Check-in wie am Flughafen, Dokumentenausgabebox und ein Getränkeautomat: In Kreuzberg ist das Pilotprojekt „Bürgeramt der Zukunft“ gestartet.
Sollte der Senat nicht mehr Geld geben, droht den Bezirken eine Haushaltskrise, warnen die Bezirksbürgermeister. Kürzungen hätten dramatische Folgen.
Mit Ampeln, die anzeigen, wie viel Zeit bis zur Rotphase bleibt, will der Senat den Verkehr verbessern. Solches Runterzählen eignet sich auch gut für andere Politikfelder.
Der schwarz-rote Senat arbeitet die ersten beiden von 52 Sofortmaßnahmen ab. Diese hatte er in seiner Klausur am Wochenende beschlossen.
CDU-Fraktionschef Stettner hält weiteren Flüchtlings-Großstandort für nötig und das geschützte Feld für geeignet. Grüne und BUND sehen das anders.
Der Senat bewirbt die Weltspiele geistig behinderter Menschen, die am 17. Juni beginnen. Auf eine Olympiabewerbung mag er sich (noch) nicht festlegen.
Eine Taskforce soll bei der Unterbringung von 12.000 weiteren Flüchtlingen bis Jahresende helfen. Nach der Senatsklausur im Juni soll sie starten.