taz.de -- Wolfgang Ambros Dokumentation: Der Rockstar vom Süden
Eine ORF-Doku handelt von der österreichischen Musiklegende Wolfgang Ambros. Sie bleibt zwar recht brav, ist aber dennoch erhellend.
Größe und Grenzen des Wolfgang Ambros sind [1][in dieser Doku] von zwei Zitaten bestimmt. „Ich wollte ein Rockstar werden und ich bin einer geworden“, sagt der gesundheitlich angeschlagene, aber immer noch voll bühnentaugliche 73-Jährige; und der Interviewer Hanno Settele bringt zwischen zwei Backgammonwürfen das nicht neue Bonmot, Ambros sei zumindest in Österreich weltbekannt. Was stimmt – und was nicht stimmt.
Ambros’ Ruhm beim südlichen Nachbarn ist tatsächlich ungebrochen, er ist Legende, Klassiker und immer auch noch Publikumsattraktion, fast schon erhaben gefeiert [2][im Duett mit Austro-Popstar Christina Stürmer].
Aber es geht darüber hinaus – und zwar nicht nur mit dem Megahit [3][„Schifoan“], der, wie die Doku enthüllt, erst bei Konzerten in Deutschland zum Brecher wurde, denn in Österreich habe man dem eher städtisch-kritisch-depressiv-wienerischen Ambros die sportliche Jodelnummer nicht abgenommen (dabei ist bzw. war er ein „geradezu manischer“ Skifahrer und sogar Skilehrer).
Mager in der Selbstreflexion
Zumindest im deutsch-bairischen Dialektraum waren Leute wie Ambros, sein „Lebensmensch“ Georg Danzer, Liedermacher wie Ludwig Hirsch oder die dann tatsächlich globale Größe Falco aber mehr, nämlich eine ganz eigene Sprach- und Jugendkultur – und da haben wir von Phänomenen wie der Spider Murphy Gang oder [4][Hubert von Goisern] noch gar nicht gesprochen.
Das zweite Ambros-Zitat geht so: „I bin ned ein Rockstar, damit I a Lebn lang treu bin.“ Ob man das damit in Zusammenhang stellen will, dass außer Christina Stürmer keine einzige Frau in der Doku zu Wort kommt – und Ambros’ aktuelle Partnerin Uta nur kurz als Kümmerin im Bild ist – oder dass Freund und Produzent [5][Christian Kolonovits] sagt, Ambros habe „immer unglaublich tolle Frauen“ gehabt, aber sie nicht so gut behandelt? Auf jeden Fall ist das von Ambros, um ein Weniges zu sagen, doch etwas arg mager in der Selbstreflexion.
Am Ende bleibt halt wie immer weniger der Mensch als das Werk – und das ist vom „Zentralfriedhof“ über den „Watzmann“ bis zum „Zwickts mi“ eben immer noch höchst goschert und leiwand.
29 Nov 2025
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