taz.de -- Bolivien auf der COP30 in Belém: Zwischen Krise und Klimanotstand

Weil der neue Präsident die Delegation verkleinert hat, fahren nun zivile Vertreter:innen zur Klimakonferenz, erzählt Journalistin Karen Gil.
Bild: Der Lunge Luft machen: Demonstration gegen Waldbrände und Goldabbau in Schutzgebieten in Bolivien, La Paz, am 17. November 2023

Die UN-Klimakonferenz findet dieses Jahr in Belém statt, einer brasilianischen Millionenstadt im Amazonas-Regenwald. Die taz Panter Stiftung hat zu diesem Anlass zehn Journalist*innen aus allen acht Staaten in Amazonien nach Berlin eingeladen, um sich zu vernetzen, an Seminaren teilzunehmen und voneinander zu lernen. In der Kolumne „Stimmen aus Amazonien“ berichten sie davon, wie sie und ihre Landsleute auf den Gipfel in Belém blicken.

Während sich die internationale Staatengemeinschaft zur 30. UN-Klimakonferenz (COP30) trifft, befindet sich Bolivien in einer Ausnahmesituation. Das Land steckt in der schwersten Wirtschaftskrise dieses Jahrhunderts – und steht zugleich vor einem politischen Umbruch. Am Eröffnungstag der Konferenz hat Rodrigo Paz das Präsidentenamt übernommen. Damit endete nach zwei Jahrzehnten die Ära der Regierungen der Bewegung zum Sozialismus (MAS).

Auch ökologisch sind die Wunden tief: Die verheerenden Waldbrände des Jahres 2024 zerstörten rund 12,6 Millionen Hektar Wald – eine Fläche, die mehr als einem Drittel Deutschlands entspricht.

Mit diesem schweren Gepäck reist Bolivien zu den Klimaverhandlungen. Bis Ende Oktober hatte die scheidende Regierung weder eine offizielle Delegation benannt noch eine klare nationale Position bekannt gegeben. Lediglich eines sickerte durch: Rodrigo Paz bat Brasilien um die Akkreditierung eines verkleinerten Teams.

Währenddessen zeigte die im September vom scheidenden Präsidenten Luis Arce vorgestellte Aktualisierung der national festgelegten Klimabeiträge (NDCs) deutliche Rückschritte. Von den 36 Zielen, mit denen Bolivien seinen Verpflichtungen aus dem Pariser Abkommen nachkommen will, sind viele lediglich Wiederholungen der Version von 2020. Der einzige Unterschied: Die Frist wurde von 2030 auf 2035 verlängert – ohne jedoch die Ambitionen zu steigern.

Erhebliche Rückschritte in der Umweltpolitik

Besonders besorgniserregend ist, dass das Ziel, wichtige Feuchtgebiete, die Ramsar-Gebiete, zu schützen, gestrichen und durch allgemeine Wasserziele ersetzt wurde – ausgerechnet in einer Zeit, in der diese empfindlichen Ökosysteme unter Bränden und wachsendem Druck durch Rohstoffabbau leiden. Laut Cristian Flores von der Bolivianischen Plattform gegen den Klimawandel bedeutet das einen erheblichen Rückschritt in der Umweltpolitik.

Für den gewählten Präsidenten Rodrigo Paz bietet die COP30 dennoch eine Chance: Er sieht in der Konferenz eine Möglichkeit, Zugang zu internationaler Klimafinanzierung zu erhalten – vor allem für Umweltinitiativen in der bolivianischen Amazonasregion. Senator Fernando Vaca warnt hingegen, dass wirtschaftliche Interessen über ökologische Verpflichtungen gestellt werden könnten.

Aus der Zivilgesellschaft kommen ähnliche Bedenken. Trotz bürokratischer Hürden bei der Akkreditierung werden rund 40 Vertreter*innen aus verschiedenen Bereichen nach Belém reisen: darunter indigene Völker, Jugendliche, Frauenorganisationen, Medienschaffende, Kollektive und NGOs. Sie wollen beim Klimagipfel als Beobachter*innen präsent sein und die Verhandlungen genau verfolgen.

Für Wilma Mendoza, Präsidentin des Nationalen Dachverbands der indigenen Frauen Boliviens (Cenamib), ist diese Teilnahme entscheidend. Nur so könne man aus erster Hand Informationen über die Verpflichtungen des Landes erhalten – besonders angesichts der Ungewissheit über die Rolle Boliviens auf der offiziellen Agenda der COP30.

Übersetzt aus dem Spanischen von Tabea Kirchner

18 Nov 2025

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Karen Gil

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