taz.de -- Abschiebungen nach Afghanistan: Purer Zynismus

Mit Geld will das Innenministerium Afghaninnen und Afghanen zur Heimreise locken. Dobrindt macht mit seinen Drohungen die Erpressung perfekt.
Bild: Mit allen Mitteln will Innenminister Alexander Dobrindt die Menschen nach Afghanistan zurückbringen

Etwa 165 Afghan*innen, denen die Ampelregierung eine sichere Zukunft in Deutschland versprochen hat, weil sie als Aktivist*innen oder queere Menschen unter dem Taliban-Regime massiv gefährdet waren, haben gerade Post von der GIZ bekommen. Darin bietet ihnen das Bundesinnenministerium Geld an, wenn Sie das Aufnahmeprogramm verlassen. Unterlegt ist dieses „Angebot“ mit der Drohung, dass Ende des Jahres die Aufnahme sowieso beendet wird und dass bis dahin nicht alle Fälle abschließend bearbeitet, also nach Deutschland geholt werden können.

Was dann droht, wissen die Betroffenen nur zu gut: [1][Abschiebung] durch die pakistanischen Behörden nach Afghanistan. Das ist eine an Zynismus nicht zu überbietende Erpressung. Falls sich einige tatsächlich für das Angebot entscheiden würden, könnte die Bundesregierung sagen: Seht her, haben wir es nicht immer schon gewusst? Die Leute sind unter dem [2][Taliban-Regime] gar nicht gefährdet, sie gehen freiwillig zurück! Und gleich erscheint Afghanistan viel sicherer, auch für [3][Abschiebungen aus Deutschland].

Mit der „freiwilligen“ Rückkehr ist das so eine Sache. Sie wird auch abgelehnten Asylbewerbern angeboten, aber sie ist selten freiwillig. Sie ist nur das letzte Mittel, um eine Abschiebung zu vermeiden. In der Migrationsforschung spricht man deswegen auch von „Selbstabschiebung“. Für die Behörden ist diese Selbstabschiebung sehr praktisch, denn sie vermeidet den großen Aufwand einer tatsächlichen Abschiebung. Mit ein paar tausend Euro „Starthilfe“ ist das „Problem“ für die Behörden billig gelöst.

So denkt die Bundesregierung vermutlich auch im Fall der Afghan*innen: Ein bisschen Geld, und das „Problem“ ist gelöst. Mindestens eine Familie, die bereits im August von Pakistan nach Afghanistan abgeschoben wurde, hat eine solche E-Mail auch bekommen. Wie praktisch, da ist nicht mal mehr eine Selbstabschiebung nötig.

Den Afghan*innen bleibt nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Humanität spielt unter dieser Bundesregierung keine Rolle mehr.

5 Nov 2025

LINKS

[1] /Aufnahme-gefaehrdeter-Afghaninnen/!6110297
[2] /Dobrindt-will-mit-Taliban-sprechen/!6097876
[3] /Asylantraege-von-Afghanen/!6093814

AUTOREN

Martin Sökefeld

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