taz.de -- „Kein Bock auf Nazis“ in Berlin: Lasset die Kids Punk hören!
„Was sind das nur für durchgeknallte Zeiten“: Auf dem Rio-Reiser-Platz in Kreuzberg spielt ZSK für die Antifa. Und für die Jüngsten.
Berlin taz | Die Sonne lacht über Kreuzberg. Die Szene drängt sich auf dem Rio-Reiser-Platz. Geschätzt 1.000 Menschen sind da am Sonntag. Sie haben sich fein gemacht für den letzten Sommertag des Jahres. Man trägt Schwarz. Hoodies. Klare Botschaften. „Warum schenkt ihr mir kein Bier“, prangt gleich auf mehreren Rücken. Einer hat sogar einen sonnengelben Iro über der Lederjacke. So was hat man lange nicht gesehen, so schön.
„Kein Bock auf Nazis“ ist das Motto der Veranstaltung, getragen v[1][on der gleichnamigen Initiative], die seit Jahren von Bands wie ZSK unterstützt wird, die wiederum später genau hier spielen soll. Also wird es voll. Die Polizei muss die ganze Kreuzung sperren, während ältere Punks den Jüngsten Schokowaffeln zum „Kein Bock auf AfD“-Ballon reichen.
Die Zeiten sind hart. Das betonen alle Redner:innen auf der Bühne. Ganz egal, ob sie [2][Attacken von rechts gegen einen Journalisten] beklagen. Oder [3][die große Zahl von Antifaschist:innen], die [4][vor Gericht] stehen oder [5][im Gefängnis sitzen] oder beides. Oder den Rechtsruck im Allgemeinen. Oder im Speziellen den [6][Zaun, mit dem der Senat den Görlitzer Park] dichtmachen will. Eine Rednerin erinnert daran, dass Kreuzberg heute nicht Kreuzberg wäre, wenn es nicht durch lange Kämpfe gegen Gentrifizierung geprägt wäre.
Die Grundlagen dafür wurden vor Jahrzehnten gesetzt. Das fällt unweigerlich auf, wenn man bei dieser sympathischen Version [7][eines Heimatfestes] in die Gesichter der Umstehenden blickt: Man trägt Falten zum Iro.
Die Menge tobt. Und moshpittet
Aber bevor man sich darüber tiefschürfende Gedanken machen kann, entern die vier von ZSK die Bühne, schmeißen die Beine hoch und rocken das Haus, das hier und heute mal kein Dach braucht. Die Menge tobt. Und moshpittet.
„Was sind das nur für durchgeknallte Zeiten“, [8][singt ZSK-Frontmann Joshi]. Und klingt dabei wie Rudi Carrell – weil er dessen Regensommerhit einfach umdeutet: „Ich will einen Sommer ohne Nazis. Ein Sommer, wie er früher einmal war. Mit Partys, als wär’ jeden Tag Silvester. Und ohne AFD im Bundestag.“
Joshi verbreitet Hoffnung. Seine Band [9][spiele inzwischen sogar Konzerte für Kinder]. Von Altpunks werde er dafür manchmal kritisiert. Dabei könnten Kinder gar nicht früh genug mit dieser Musik des Widerstands vertraut gemacht werden. Zack, stehen 20 Kids neben Joshi auf der Bühne und tanzen. Lang lebe Punk!
„Alerta! Alerta“, grölt die Menge im Rhythmus des Punk. „Antifascista!“, rufen die Grundschüler:innen neben der Bühne. Die Neugier ist geweckt. Einer will wissen, ob Joshi einem mit seiner piksigen Igelfrisur wehtun kann.
29 Sep 2025
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