taz.de -- Arbeitslosigkeit in Deutschland: Mehr als 3 Millionen ohne Job

Die Zahl der Arbeitslosen ist erstmals seit 2015 wieder über die 3-Millionen-Marke gestiegen. Allerdings haben viel mehr Menschen als damals einen Job.
Bild: Zum ersten Mal seit zehn Jahren sind mehr als drei Millionen Menschen in Deutschland arbeitslos gemeldet

Berlin dpa/taz | Die Arbeitslosigkeit in Deutschland ist erstmals seit mehr als zehn Jahren wieder auf über drei Millionen Menschen gestiegen. Das hat die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg [1][am Freitag mitgeteilt]. Demnach erhöhte sich die Zahl der arbeitslos Gemeldeten im August im Vergleich zum Vormonat um 46.000 auf 3,025 Millionen Menschen. Das seien 153.000 mehr als im August 2024. Die Arbeitslosenquote stieg im Vergleich zum Juli um 0,1 Prozentpunkte auf 6,4 Prozent.

Über der Grenze von drei Millionen lag die Zahl der Arbeitslosen zum letzten Mal im Februar 2015. Die Arbeitslosenquote lag damals jedoch höher als heute – bei 6,9 Prozent. Das liegt daran, dass es aktuell zwar wieder etwa so viele Joblose gibt wie vor zehn Jahren, dennoch aber mehr Menschen arbeiten. Im Februar 2015 wurden 42,5 Millionen Erwerbstätige gezählt. Im Juli dieses Jahres waren 45,98 Millionen im Job – also rund 2,5 Millionen mehr. Insgesamt sieht es damit auf dem Arbeitsmarkt deutlich besser aus als vor 10 Jahren.

Dennoch bleibt der Trend nach oben ungebrochen. Schon seit drei Jahren steigt die Zahl der Arbeitslosen kontinuierlich. „Der konjunkturelle Gegenwind hinterlässt weiter seine Spuren auf dem Arbeitsmarkt und erfordert Gegenmaßnahmen“, sagte Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) am Freitag. „Es braucht Sicherheit und starke Impulse für Investitionen und Beschäftigung, um wieder Wirtschaftswachstum zu generieren und Schwung in den Arbeitsmarkt zu bringen.“

Andreas Nahles, die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, sprach ebenfalls davon, dass der Arbeitsmarkt „nach wie vor von der wirtschaftlichen Flaute der vergangenen Jahre geprägt“ sei. Es gebe „allerdings auch erste Anzeichen einer Stabilisierung“, sagte sie anlässlich der monatlichen Pressekonferenz in Nürnberg.

Saisonbereinigt ist die Zahl sogar gesunken

Auch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sieht trotz des neuen Höchststands bei der Arbeitslosigkeit erste Lichtblicke. Für das Arbeitsmarktbarometer befragen die Fachleute monatlich alle Arbeitsagenturen nach ihren Erwartungen für die nächsten drei Monate. Im August erwarteten sie erstmals seit drei Jahren, dass der Anstieg der Arbeitslosigkeit ein Ende hat. Auch die Beschäftigung könnte demnach wieder Fahrt aufnehmen.

In den absoluten Zahlen des August lässt sich das zwar nicht erkennen. Das ist aber auch saisonbedingt. Denn die Arbeitslosenzahlen steigen in der Regel über den Sommer, weil Unternehmen vor den Ferien weniger einstellen und Ausbildungsverhältnisse enden. Die August-Zahlen waren zuletzt vor 15 Jahren so hoch.

Rechnet man die übliche Sommerdelle aus den aktuellen Zahlen raus, lässt sich die Trendwende zumindest erahnen. Denn saisonbereinigt ist laut Bundesagentur die Zahl der Arbeitslosen gegenüber dem Vormonat sogar um 9.000 auf 2.961.000 gesunken.

29 Aug 2025

LINKS

[1] https://www.arbeitsagentur.de/news/arbeitsmarkt#accordion1220731756449538

AUTOREN

Gereon Asmuth

TAGS

Arbeitslosigkeit
Arbeit
Andrea Nahles
Andrea Nahles
Robert Habeck
Podcast „Bundestalk“
Ukraine
Altern

ARTIKEL ZUM THEMA

Weniger Azubi-Stellen: Nahles warnt vor falscher Richtung

Angesichts der Konjunkturschwäche sparen Unternehmen an den Ausbildungsplätzen. Das könnte nicht nur Folgen für die jungen Leute haben.

Prognose der Bundesregierung: Wirtschaftsministerium erwartet mehr Wachstum

Das Wirtschaftsministerium hat seine Prognose nach oben korrigiert. Für 2025 wird nun ein kleines Wachstum erwartet, für 2026 ein Anstieg von 1,3 Prozent.

Unionspläne für Kosteneinsparungen: Kommt die große Reform des Sozialstaats?

Der „Herbst der Reformen“ ist bislang zwar nur Marketing-Sprech, aber die Union will unbedingt beim Sozialen sparen. Wie will sie das machen?

Studie zu Geflüchteten: Ukrainer wollen Jobs statt Sozialleistungen

Eine europaweite Studie zeigt: Geflüchteten aus der Ukraine sind Jobmöglichkeiten wichtiger als Sozialleistungen. Das entkräftet Behauptungen von CSU-Chef Söder.

Weniger Arbeitslosengeld für Ältere: Neoliberal und unwirksam

Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft schlägt vor, älteren Arbeitslosen die Bezüge zu kürzen. Aber das bringt weniger als erhofft.