taz.de -- Klimaschädliches Reisen: Deutsche fliegen schon wieder mehr
Das Vor-Corona-Niveau ist allerdings noch nicht wieder erreicht. Die Branche klagt über zu viele Abgaben und Steuern.
Berlin/Frankfurt dpa/taz | Die klimaschädlichste Art der Fortbewegung ist in Deutschland wieder beliebter: Im ersten Halbjahr 2025 nahm die Zahl der Passagier*innen an deutschen Flughäfen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 2,8 Prozent zu, [1][hieß] es am Montag beim Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL). Damit waren 99,4 Millionen Menschen so unterwegs.
Im Vorjahr hatte die Branche sogar eine Steigerung um 10 Prozent verzeichnet. Sie moniert aber trotzdem: Auf das Niveau von vor der Corona-Pandemie, als die Politik das Reisen aus gesundheitlichen Gründen stark beschränkte, sind die Zahlen noch nicht wieder angestiegen – aktuell liegen sie 15,8 Prozent unter dem Level aus dem ersten Halbjahr 2019.
Für das Weltklima ist letzteres eine gute Nachricht. [2][Fliegen] geht mit hohen CO2-Emissionen einher, die die Erderhitzung antreiben. So hoch am Himmel wirkt das Treibhausgas noch stärker als am Boden. Hinzu kommen sogenannte Nicht-CO2-Effekte aufs Klima: Kondensstreifen, Ruß, Stickoxide. Diese wirken teils auch kühlend, insgesamt aber weiter erhitzend. Sie würden auch bei einem vollständigen Umstieg auf CO2-freie synthetische Kraftstoffe anfallen. Ein klimafreundlicher Luftverkehr ist deshalb bisher nicht absehbar.
Klimaschützer*innen fordern deshalb schon lange Maßnahmen, etwa eine Kerosinsteuer. Die gibt es in Deutschland nicht – allerdings sehr wohl eine Luftverkehrsabgabe. Diese müssen die Airlines zwar nicht für jeden verbrannten Liter Kerosin zahlen, dafür fällt sie bei jedem Flugticket an. Die Preise sind nach Flugstrecke gestaffelt, knapp über 70 Euro sind bei Fernflügen über 6.000 Kilometern fällig.
Regierung will Flugticket-Steuer wohl doch nicht senken
Die schwarz-rote Bundesregierung von Kanzler Friedrich Merz [3][hatte die Abgabe zuerst senken wollen], doch die Pläne wanken – allerdings nicht aus ökologischen Beweggründen. „Momentan sind keine Spielräume im Bundeshaushalt abzusehen“, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur Ende Juli aus Regierungskreisen.
Der BDL kritisiert die Entwicklung und beschwert sich auch im Allgemeinen über staatliche Steuern und Gebühren: „Die Folgen sehen wir an nahezu jedem Flughafen in Deutschland: Airlines ziehen ihre Flugzeuge ab und setzen sie in anderen europäischen Ländern mit entsprechend wettbewerbsfähigen Kosten ein.“ Nach Verbandsberechnungen haben Direktfluggesellschaften wie Ryanair oder Easyjet seit 2019 fast jeden dritten vormals in Deutschland stationierten Jet ins Ausland verlagert. Von 190 Jets seien noch 130 geblieben.
Im Winterflugplan ab Ende Oktober wachse das Gesamtangebot von den deutschen Flughäfen um 8 Punkte auf rund 90 Prozent des Vor-Corona-Niveaus, heißt es beim BDL. In den übrigen europäischen Ländern gehe es um 7 Punkte auf 116 Prozent hoch.
11 Aug 2025
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