taz.de -- Bildungspolitik in Schleswig-Holstein: Zu wenig Geld für Vertretung
Schleswig-Holsteins Fonds für Vertretungslehrkräfte war schon vor den Sommerferien ausgeschöpft. Die Opposition spricht vom „Versagen der Regierung“.
Rendsburg taz | Kein Geld mehr für Vertretungslehrkräfte: Anfang der Woche wurde bekannt, dass der Fonds, aus dem Ersatz für erkrankte Lehrkräfte bezahlt wird, zum großen Teil leer ist. Im schleswig-geholsteinischen Landtag erklärte Bildungsministerin Dorit Stenke (CDU) das Problem am Mittwoch für gelöst: Der Fonds sei wieder gefüllt, damit könnten Schulen nach den Ferien wieder Verträge mit Ersatzkräften schließen.
Zufrieden war die Opposition dennoch nicht. Redner:innen von SPD, FDP und SSW sahen ein „Versagen der Regierung“ und forderten einen Neustart in der Bildungspolitik.
Insgesamt liegen 8,4 Millionen Euro im sogenannten Vertretungsfonds. Davon sind 5,1 Millionen für die Grund- und die Gemeinschaftsschulen ohne Oberstufe eingeplant, doch dieses Geld ist – noch vor Beginn der Sommerferien – in den meisten Teilen des Landes schon ausgeschöpft. Betroffen sind alle vier großen Städte Kiel, Lübeck, Neumünster und Flensburg sowie die größten Kreise. Die Schulen dieser Regionen konnten daher keinen Ersatz einstellen, wenn reguläre Lehrkräfte ausfielen.
„Der Unterrichtsausfall stagniert ohnehin auf Rekordniveau“, sagte Martin Habersaat (SPD) im Landtag. „Und wenn keine Vertretungen eingestellt werden dürfen, wird es noch schlimmer.“ Die SPD hatte nach Bekanntwerden des Problems eine aktuelle Stunde beantragt. „Und wie es der Zufall will, hat die Landesregierung just gestern eine Lösung gefunden, mit der der leere Fonds wieder aufgefüllt werden soll“, spottete Habersaat.
Zu späte Alarmglocke
Doch das Versprechen auf neue Millionen reichte Habersaat nicht: „Was ist an den Schulen los, dass bereits zu diesem Zeitpunkt so viel vertreten werden musste? Und wie muss man sich das vorstellen: Ein Kreis nach dem anderen meldet, dass der Topf leer ist, aber erst beim zehnten schrillt ein Alarmglöckchen, das der tapfere Staatssekretär hört?“
Christopher Vogt (FDP) sprach von einem „Versagen der Regierung“. Offenbar habe die Regierung den Überblick verloren, es mangele an einem funktionierenden Controlling durch das Ministerium: „Das ist schlechtes Management.“ Unterrichtsausfall hätte ja auch etwas Gutes, höhnte Jette Waldinger-Thiering von der Minderheitenpartei SSW: „Dann haben die Schülerinnen und Schüler mal Zeit, einen Film zu gucken oder Blümchen zu malen.“
Der CDU-Bildungspolitiker Martin Balasus gestand zwar ein, dass eine „unschöne Situation“ entstanden sei. Doch auch wenn der Fonds vorzeitig erschöpft sei, habe das keinen Unterrichtsausfall zur Folge gehabt: „Es hätte bedeutet, dass nach den Ferien Lücken entstanden wären.“ Doch das Land lasse die Schulen nicht im Regen stehen und habe bereits 700.000 Euro in den Fonds gesteckt. „Das Land hat also mehr Geld als ursprünglich kalkuliert zur Verfügung gestellt.“
Als Gründe für das schnelle Auslaufen des Fonds nannten er und CDU-Fraktionschef Tobias Koch ein mangelndes Controlling und hohe Krankenstände. Die beträfen aber alle Branchen im Land, seien also kein Problem der Schulen. „Fehler passieren“, erklärte der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Lasse Petersdotter. Doch daraus ließe sich lernen und die Prozesse verbessern.
„Sehr, sehr ärgerlich“, nannte Bildungsm[1][inisterin Dorit Stenke] die Lage. Sie kündigte an, Mittel umzuschichten, um das Loch im Fonds zu stopfen. Unter anderem gebe es Reserven im allgemeinen Personaletat, außerdem stünden Mittel aus dem Startchancen-Programm zur Verfügung. Bis zu vier Millionen Euro könnten so zur Verfügung gestellt werden. „Das ist das Gute an einem großen Etat“, sagte Stenke.
Es sei interessant, dass das Land Schleswig-Holstein auf einmal Mittel auftreiben könnte, so Habersaat. Er erinnerte an die Kürzungen, die das Ministerium zuletzt vorgenommen hatte, unter anderem am [2][Unterricht für Kinder mit nicht deutscher Muttersprache].
Aber offenbar läge in der Bildungspolitik der Regierung „der Schwerpunkt vor allem bei den Kürzungen: Wo Lehrkräfte gestrichen wurden, können auch weniger krank sein.“ Er forderte, dass die Ministerin die [3][echte Lage an den Schulen] zur Kenntnis nehme und etwas gegen den Unterrichtsausfall tue.
23 Jul 2025
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